Kritik am Spardiktat

ver.di-Vorsitzender Frank Werneke kritisiert beim Bundeskongress geplante Sozialkürzungen. 140.000 neue Gewerkschaftsmitglieder seit Jahresbeginn.
17.09.2023

Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke hat die Haushaltspolitik der Bundesregierung scharf kritisiert. Der von der Ampel-Koalition vorgelegte Haushaltsentwurf für 2024 sei »ein Spardiktat zulasten der Bereiche Soziales, Integration und Bildung«, sagte er zu Beginn des ver.di-Bundeskongresses am Sonntag (17. September 2023) in Berlin. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft selbst sieht Werneke hingegen auf einem guten Weg. Seit Jahresbeginn sind mehr als 140.000 Beschäftigte beigetreten – der höchste Zuwachs seit ver.di-Gründung vor 22 Jahren.

Das sei allerdings noch nicht die ersehnte Trendwende in der Mitgliederentwicklung, betonte er. »Wir haben als ver.di unverändert mit den Herausforderungen zu kämpfen, wie übrigens alle großen Mitgliedsorganisationen und auch Parteien.« Dennoch: »Die bisherige Mitgliederbilanz dieses Jahres ist kein Zufall, sondern Ergebnis davon, dass ziemlich viel von dem, was wir systematisch geplant und vorbereitet haben, auch ziemlich gut funktioniert hat.«

 
6. ver.di-Bundeskongress

Regime der Schuldenbremse

Die Auseinandersetzung um den Bundeshaushalt nennte der Gewerkschaftsvorsitzende »auch deshalb so grundsätzlich, weil nach dem Willen der Mehrheit der Koalitionäre die Schuldenbremse wieder aktiviert und gleichzeitig Unternehmenssteuern gesenkt werden sollen«. Dies sei »eine fatale Entscheidung mit absehbar dramatischen Folgen insbesondere in sensiblen Bereichen wie Gesundheit, Pflege und Bildung«. Werneke verwies auf die geplante Kürzung des Bundeszuschusses von jährlich einer Milliarde Euro für die Soziale Pflegeversicherung. Diese sei ohnehin »chronisch unterfinanziert, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Qualität der Pflege«. Werneke kritisierte auch die Kürzungen in der freien Wohlfahrtspflege, beim BAföG und der politischen Bildung. So würden die Mittel für die Bundeszentrale für politische Bildung um etwa 20 Millionen auf 76 Millionen Euro zusammengestrichen. »Da tanzen die Faschos auf den Tischen – und die Bundesregierung streicht die Demokratieförderung zusammen.«

 
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Werneke forderte stattdessen mehr Investitionen in die öffentliche Infrastruktur – auch zum Beispiel in die Krankenhäuser, bei denen ein Investitionsstau von insgesamt 25 Milliarden Euro aufgelaufen sei. Er unterstützte die Forderung der Deutschen Krankenhausgesellschaft nach einem Sofortprogramm zur Rettung der Kliniken in Höhe von zehn Milliarden Euro. »Allein: Im Bundeshaushalt ist hierfür kein einziger Euro vorgesehen«, monierte Werneke. Insgesamt laufe die Haushaltspolitik »total in die falsche Richtung«. Sie stehe »unter dem Regime der Schuldenbremse«, zugleich würden Unternehmen durch das sogenannte Wachstumschancengesetz entlastet. »Die Wirtschaft wird gefördert, während gleichzeitig die öffentliche Infrastruktur verkommt«, brachte Werneke die derzeitige Haushaltspolitik auf den Punkt. Daran sei nicht allein Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) schuld. »Hier steht die gesamte Bundesregierung in der Verantwortung. Hier läuft etwas grundsätzlich falsch.«

 
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»Neue Arbeitskampfkultur«

Ziemlich viel richtig läuft derzeit hingegen bei ver.di. Die Gewerkschaft habe in den vergangenen Jahren »eine neue Arbeitskampfkultur entwickelt, die auf partizipative Formate setzt, die beteiligungsorientiert und digital ist«. Dazu gehöre die Einführung neuer strategischer Instrumente wie Tarifbotschafter*innen und Stärketests. Vorreiter hierbei waren in den vergangenen Jahren die Tarifbewegungen für Entlastung an den Krankenhäusern. Hierbei habe ver.di »mit neuen oder deutlich weiterentwickelten Organisations- und Streikformen ein neues Kapitel im Arbeitskampflexikon aufgeschlagen«, lobte der Gewerkschaftsvorsitzende.

Zuvor hatte bereits die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi die gewerkschaftliche Arbeit im Gesundheitswesen hervorgehoben. Bei ihrem Grußwort zum Bundeskongress betonte sie, ver.di habe in den Krankenhäusern »mit eigenen Ideen, neuen Konzepten, viel Kraft und einem langen Atem« Tarifverträge für bessere Arbeitsbedingungen durchgesetzt. Zugleich seien damit die Zustände im Gesundheitswesen in die Öffentlichkeit getragen worden. »Jedem ist jetzt klar: Profit auf dem Rücken der Beschäftigten – und damit auch der Patientinnen und Patienten – hat im Gesundheitswesen nichts zu suchen.«

 

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