Viele Krankenhäuser sind in einer wirtschaftlichen Schieflage. Einige haben bereits Insolvenz angemeldet. Andere schließen Abteilungen oder ganze Standorte. Nicht, weil diese für die Versorgung unnötig sind. Sondern weil das Geld fehlt. Die Bundesregierung muss diesen kalten Strukturwandel stoppen. Die bisherigen Beschlüsse reichen dafür nicht aus.
Ganz schnell ging es am St. Elisabeth Krankenhaus im rheinland-pfälzischen Lahnstein. Am 19. Februar verkündete die Leitung der katholischen Klinik das Aus. Schon für den nächsten Tag wurden alle Operationen abgesagt, 180 der 330 Beschäftigten erhielten binnen weniger Tage die Kündigung. Lediglich die Psychiatrie soll von einem anderen Träger fortgeführt werden. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Situation der Krankenhäuser. Von planvollem Vorgehen kann keine Rede sein.
Zwar haben sich Bund und Länder im Februar im Vermittlungsausschuss nach langem Hin und Her auf das sogenannte Krankenhaustransparenzgesetz und weitere Maßnahmen geeinigt. Doch ein kurzfristig wirksamer Inflationsausgleich sei damit nicht verbunden, kritisiert die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Die versprochene Erhöhung der Landesbasisfallwerte werde das monatliche Defizit der Kliniken lediglich um etwa 10 auf 490 Millionen Euro verringern. »Damit kann kein einziges Insolvenzverfahren gestoppt werden«, erklären die Krankenhausbetreiber.
Die Leiterin des ver.di-Bereichs Gesundheitspolitik, Grit Genster, fordert ebenfalls entschlossenere Maßnahmen: »Wir brauchen eine akute Nothilfe, um die Insolvenz von Krankenhäusern zu vermeiden, die gebraucht werden.« Positiv sei der von Bund und Ländern zugesagte Transformationsfonds von 50 Milliarden Euro für Strukturinvestitionen – eine Voraussetzung dafür, die Kliniklandschaft sinnvoll weiterzuentwickeln. »Was allerdings gar nicht geht, ist, die Hälfte dieser Mittel aus dem Gesundheitsfonds zu nehmen und damit den gesetzlich Krankenversicherten die Kosten aufzubürden.« ver.di werde weiter auf eine Reform drängen, die Patient*innen und Beschäftigte in den Mittelpunkt rückt.
Mitte Januar verkündete die Geschäftsführung des Klinikums Aschaffenburg-Alzenau die Umwandlung des kleineren Akut-krankenhauses in Alzenau zu einem ambulanten OP-Zentrum. Hintergrund ist zum einen ein Defizit von 33 Millionen Euro, zum anderen die geplante Krankenhausreform, die die Existenz kleinerer Häuser infrage stellt. Den etwa 270 betroffenen Beschäftigten wurde bei einer Betriebsversammlung zwar erklärt, dass sie weiterhin gebraucht werden und alle ein Jobangebot erhalten sollen. Doch nach vier Wochen war dies immer noch nicht konkretisiert. Da für die Kolleginnen und Kollegen die Existenz auf dem Spiel stehe, so der Betriebsratsvorsitzende Andreas Parr, reichten allgemeine Zusagen nicht. Sie bräuchten schnell eine rechtssichere Perspektive. Darauf und auf eine zukunftsweisende Neuausrichtung des Klinikums wird der Betriebsrat bei den Verhandlungen über einen Interessensausgleich und Sozialplan drängen.
Syndia Paul-Beer, ver.di-Betriebsgruppe am Klinikum Aschaffenburg-Alzenau
Im Gesundheitswesen sollte das getan werden, was für die Versorgung der Patient*innen und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten am besten ist. Dass dies nicht selbstverständlich ist, zeigt das Beispiel der Uniklinik Mannheim. Diese ist als einziges Universitätsklinikum in kommunaler Trägerschaft, was Finanzierungsnachteile mit sich bringt und zu einer wirtschaftlichen Schieflage beigetragen hat. Vor diesem Hintergrund hat das baden-württembergische Wissenschaftsministerium eine Fusion der Unikliniken Mannheim und Heidelberg vorgeschlagen. Mehrere Gutachten bestätigten, dass dies für Patient*innen, Beschäftigte, Forschung und Lehre das Beste wäre. Die in den Medien unter dem Schlagwort »Charité am Neckar« diskutierte Lösung wäre eine Vision mit internationaler Strahlkraft. Doch auf dem Weg zur Umsetzung geht wohl genau diese Vision verloren. Stattdessen steht die Frage »Wer zahlt was?« im Vordergrund. So wird es nichts mit einer guten Neuaufstellung des Gesundheitswesens.
Bernd Gräf, ver.di-Betriebsgruppe Uniklinik Mannheim