Das Bundesarbeitsgericht schafft Rechtsklarheit. Ein in Teilzeit beschäftigter Krankenpfleger hat nach einem Urteil des BAG (23.03.2017, AZ: 6 AZR 161/16) für „Längerarbeiten“ Anspruch auch auf die tariflichen Zeitzuschläge von 30 Prozent. Klar ist nun:
Immer wieder beraten Experten die Arbeitgeber, wie sie Zuschläge sparen könnten. Die Entscheidung, ob die Verschiebung des Feierabends notwendig ist, wird da auf die Beschäftigten verlagert. Angeblich leisten sie so keine Überstunden, sondern nur freiwillige Arbeitszeitverschiebungen. Die Arbeitsrichter sehen das ganz anders: Überstunden oder Mehrarbeit leistet demnach ein Arbeitnehmer, „wenn diese vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder zumindest zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig ist“. Das gilt auch, wenn die zugewiesene Arbeit im Rahmen der Normalarbeitszeit nicht zu schaffen ist. Auch wenn der Arbeitgeber keine Vorkehrung trifft, künftige Mehrarbeit zu verhindern, gilt diese als geduldet. (BAG Urteil 20.10.2016 – 6 AZR 715/15 Rn 66)
Die Entscheidung der Bundesarbeitsrichter stellt – weit über den konkreten Fall hinaus – den Schutz der Teilzeit-Beschäftigten vor Ungleichbehandlung auf neue, feste Füße: Jede Leistung in einer zusätzlichen Stunde ist – unabhängig vom Beschäftigungsumfang - gleich zu behandeln und auszugleichen.
Die anderslautende bisherige Rechtsprechung des BAG zur Überstundenregelung des BAT sei hinfällig, weil die TVöD-Regelung im Gegensatz zum BAT nicht mehr das ausdrückliche Ziel habe, den Arbeitgeber von einer übermäßigen Inanspruchnahme abzuhalten (RN 57/58). Die Einschränkung der Dispositionsmöglichkeiten über die Freizeit trifft teilzeit- und vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer in gleicher Weise.
Zum Schluss des Urteils stellt das BAG fest, dass dieses Tarifverständnis im Urteil nicht zu einer ungerechtfertigten Besserstellung von Teilzeitbeschäftigten führe, denn sie erhalten für die gleiche Belastung, die durch die „überobligatorische“ Inanspruchnahme ihrer Arbeitsleistung eintritt den gleichen Überstundenzuschlag wie Vollzeitbeschäftigte. Damit gewinnt dieses Urteil Bedeutung für alle Teilzeitkräfte im öffentlichen Dienst und in anderen Bereichen, die die gleiche Regelung wie der TVöD haben.
Die Bundesarbeitsrichter beurteilten den TVöD-K § 7 Abs. 6 bis 8. Wortgleiche Regelungen: TVöD-B, TV-L, TV-H, TV-VBGK, TV-TgDRV, TV DRV KBS, TV-EKBO, TV SSV, TV UKN, TV UMN, AVR-Wue und viele Haus- und Konzerntarife.
Inhaltlich gleiche Regelungen: DRK-Reformtarifvertrag, TV Charité, TV EvB, TV KAH, TV VKKH, HTV Uniklinikum Leipzig, AVR Caritas (Anlage 30-33), TV-Ärzte (VKA), TV-Ärzte (Länder), TV-Ärzte VBGK, TV-Ärzte KF und viele weitere.
Viele, und insbesondere Teilzeitbeschäftigte, haben für ihre Arbeitsstunden, die ihre tägliche Schicht verlängerten, keine Zuschläge erhalten.
Oft fehlt sogar die Vergütung für die Stunden „als solche“. Sie können Ihre Ansprüche schriftlich geltend machen. Überstunden, die Sie vor acht Monaten geleistet haben, droht jetzt am Monatsende die Ausschlussfrist.
Immer wieder versuchen sich Arbeitgeber, aus ihren vertraglichen Verpflichtungen herauszuwinden. Oft vertrösten sie dabei auf gelegentlichen Freizeitausgleich. Unsere Tarifverträge bringen ver.di-Mitglieder auf die sichere Seite. Denn tarifliche Ansprüche sind unabdingbar. Dann kann der Arbeitgeber mit Freistellungen von geplanter Arbeitszeit nicht die Vergütungsansprüche beseitigen.
Voraussetzung ist, dass beide, Arbeitgeber und Du, unmittelbar tarifgebunden sind. Denn von bloßen Klauseln im Arbeitsvertrag dürfen beide einvernehmlich abweichen. Und kannst du im Zweifel nachweisen, dass Du nicht mit dem Tausch Vergütung gegen Freizeitversprechen einverstanden warst? Also: Schnell Mitglied werden!
Übrigens: Mit einem Teil der jetzt zustehenden Überstundenzuschläge lässt sich die ver.di-Mitgliedschaft problemlos finanzieren.
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