Vor mehr als 350 Jahren hat der Physiker Otto von Guericke mit den »Magdeburger Halbkugeln« die Wirkung des Luftdrucks demonstriert. Am Mittwoch, den 22. Juni 2022 werden Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen an gleicher Stelle gegen einen anderen Druck auf die Straße gehen: den unhaltbaren Arbeitsdruck in Krankenhäusern, in der Altenpflege und psychiatrischen Einrichtungen. Von den in Magdeburg tagenden Gesundheitsminister*innen des Bundes und der Länder fordern sie, endlich Schluss zu machen mit halben Sachen.
Alle bisherigen Maßnahmen gegen Personalnot und Überlastung waren halbherzig. Die versprochene Entlastung ist in den Einrichtungen nicht angekommen. Die Pflegepersonaluntergrenzen im Krankenhaus haben den Notstand eher legitimiert als beseitigt. Die Personalvorgaben in der Altenpflege sind unverbindlich und von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Für psychiatrische Kliniken hat die Bundesregierung zwar die Personalrichtlinie PPP-RL beschlossen. Doch wenn sie nicht eingehalten wird, folgen für die Arbeitgeber keine Konsequenzen.
Im Krankenhaus wurden die Kosten für Pflegepersonal aus den Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups, DRG) herausgelöst. Gut so! Eine Folge ist allerdings, dass der Kostendruck auf andere Bereiche und Berufsgruppen dadurch noch steigt. Das DRG-System gehört insgesamt abgeschafft und durch eine bedarfsgerechte Finanzierung ersetzt.
Es steht viel auf dem Spiel. Patient*innen und pflegebedürftige Menschen können allzu oft nicht so versorgt werden, wie es nötig ist. Sollen in Zukunft noch genug qualifizierte Arbeitskräfte gewonnen und gehalten werden, müssen die Gesundheitsminister*innen die Weichen richtig stellen.
Das zeigt auch eine aktuelle Studie der Arbeitnehmerkammer Bremen, der Arbeitskammer des Saarlandes und des Instituts Arbeit und Technik, wonach mindestens 300.000 Vollzeitstellen zusätzlich mit Pflegefachkräften besetzt werden könnten, die in den Beruf zurückkehren oder ihre Teilzeitverträge aufstocken. Voraussetzung dafür sind bessere Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung.
veröffentlicht/aktualisiert am 10.05.2022
ver.di Bundesverwaltung