Eine so starke Tarifbewegung hat es in den Bundesländern noch nicht gegeben. Allein am 20. November 2023 beteiligten sich insgesamt fast 14.000 Beschäftigte in über 80 Hochschulen und Studierendenwerken an Warnstreiks. Das dadurch erzielte Tarifergebnis kann sich sehen lassen. Doch mancherorts gehen die Auseinandersetzungen weiter.
In Oldenburg versammelten sich am Hochschulaktionstag rund 500 Beschäftigte aus Universität und Studierendenwerk zu einer gemeinsamen Kundgebung auf dem Campus. »Vorher war jede Belegschaft für sich. Jetzt haben wir Kontakt untereinander, das wollen wir weiter pflegen«, erklärt Kerstin Temmen, die in der Verwaltung der Uni Oldenburg arbeitet. Dort hat die Zahl der ver.di-Mitglieder um fast ein Fünftel zugelegt. »Die persönliche Ansprache war das A und O«, betont die Gewerkschafterin. Jetzt gelte es, dranzubleiben und weiter aktiv zu sein. »Wir haben schon viele Ideen.«
Mit vier Bussen waren die Oldenburger Kolleg*innen am 6. Dezember zur regionalen Streikdemonstration nach Bremen gefahren. Dort trafen sie auch die Beschäftigten der Bremer Arbeiterwohlfahrt, deren Entgelttabellen sich nach dem Länder-Tarifvertrag richten. »Es war unser erster richtiger Streik«, berichtet die Erzieherin Martina Becker stolz. »Obwohl es an dem Tag eiskalt war, hat es sich toll angefühlt, mit so vielen Kolleginnen und Kollegen zusammen auf die Straße zu gehen.« Doch vom Ergebnis sind manche Bremer AWO-Beschäftigte enttäuscht. Sie profitieren zwar von den Gehaltserhöhungen um 200 Euro plus 5,5 Prozent. Doch diese kommen erst im November 2024 bzw. Februar 2025. Die bis dahin vereinbarten abgabenfreien Prämien von insgesamt 3.000 Euro gibt es bei der AWO bislang nicht.
Ab dem 11. März (nach Redaktionsschluss) verhandelt ver.di über die Übernahme der Einmalzahlungen und weiterer Elemente des Tarifvertrags für die rund 1.700 Beschäftigten in den Bremer AWO-Einrichtungen. Für ver.di-Tarifkommissionsmitglied Martina Becker ist klar: »Wir dürfen nicht schlechter gestellt werden, auch weil uns sonst noch mehr Leute weglaufen.« Das Land stehe in der Pflicht, die Tarifsteigerungen aus dem öffentlichen Dienst auch für die freien Träger zu refinanzieren.
Nicht schlechter gestellt werden wollen auch die Beschäftigten der Hochschulen, der rechtlich eigenständigen Einrichtungen, wie dem Technikmuseum oder der Zentral- und Landesbibliothek, sowie der freien Träger in Berlin. Ihnen wird die Hauptstadtzulage von monatlich 150 Euro bislang vorenthalten. Das sei ein Vertrauensbruch und »eine Spaltung der Beschäftigten, die für den öffentlichen Dienst arbeiten«, kritisiert ver.di-Landesleiterin Andrea Kühnemann. Die Betroffenen wollen sich das nicht gefallen lassen und Druck machen.
Alle Infos zum Tarifergebnis: zusammen-geht-mehr.verdi.de
von Daniel Behruzi
»Zum ersten Mal haben wir eine wirklich bundesweite Tarifbewegung studentischer Beschäftigter auf die Beine gestellt. Überall waren wir sehr sichtbar an den Warnstreiks und Aktionen beteiligt. Das, obwohl die prekären Arbeitsbedingungen – vor allem die kurzen Vertragslaufzeiten – die Organisierung erschweren. Die erreichte schuldrechtliche Vereinbarung ist nicht das, was wir wollten. Aber es ist ein strategischer Teilerfolg, auf dem wir aufbauen können. Die vereinbarten Regel-Vertragslaufzeiten von zwölf Monaten machen es leichter, sich zu organisieren. Jetzt müssen wir vor Ort darauf pochen, dass sie überall umgesetzt werden. Zudem gilt es, flächendeckend Mitbestimmungsrechte durchzusetzen. Auf dieser Grundlage können wir in der nächsten Tarifrunde einen neuen Anlauf wagen. Die Voraussetzung ist allerdings, dass die Bewegung nicht abbricht. Deshalb heißt es jetzt, neue Aktive zu gewinnen, die die nächste Tarifbewegung tragen. Wenn das gelingt, können wir den TVStud 2025 wieder auf die Tagesordnung setzen und dann auch vollständig durchsetzen.«
Info: t1p.de/tvstud-ergebnis