Eigentlich sind wir frei. Niemand muss mehr arbeiten, als vereinbart. Eigentlich. Gehen dem Chef die Kräfte aus? Dann lässt er dich für zwei schuften. Oder er greift auf deine Freizeit zurück. Solche zusätzlichen Belastungen zermürben, über Jahre hinweg. Wir kennen ein paar Wege, Ballast abzuwerfen.
Du willst raus aus der Nachtarbeit? Du bist schwer-behindert? Du wünschst dir unbezahltes Frei? Du möchtest einen Riegel bei Überstunden? Dann prüfe, ob und wie du unsere Musterschreiben anpassen und nutzen kannst.
- Personalabteilung - Kopie: ..... (Vorgesetzte/r)
Interessenvertretung
Antrag auf verteilte Teilzeit ............. (Datum)
Sehr geehrte/r .................... ,
seit mehr als sechs Monaten arbeite ich bei Ihnen; ich habe in den zurückliegenden zwei Jahren keinen Antrag auf Arbeitszeitverkürzung gestellt. Ich will die Belastung durch die Arbeitszeit dauerhaft begrenzen. Dazu beantrage ich nun gemäß § 8 TzBfG, meine Arbeitszeit fristgerecht – ab Antragseingang in drei Monaten – um 1,5 Stunden pro Woche zu verringern, dann nicht mehr als …… Stunden wochendurchschnittlich.
Zugleich soll ab dann meine Arbeitszeit nur noch zu denselben Schichtzeiten geplant werden wie bei Vollzeitkräften, jedoch nicht mehr nachts. Für eine gegenüber Vollzeitkräften anteilig verringerte Anzahl an Wochenend- und Feiertagsschichten stehe ich Ihnen weiter zur Verfügung.
Falls Sie die Verringerung oder Verteilung erörtern möchten, um eine Abän-derung meines Antrags zu erreichen, werde ich ein Mitglied der Interessenvertretung beteiligen.
Mit freundlichen Grüßen
Mit so einem Antrag beendest du zugleich deine Pflicht zur Leistung von Nachtschichten, Überstunden, Bereitschaftsdiensten und Rufbereitschaft.
Unterschreibe keinen Änderungsvertrag! Die »Angebote« aus der Personalabteilung besiegeln oft deinen Verzicht auf die gewünschte Verteilung. Oder sie verstecken darin die Klausel »im Übrigen bleiben die Arbeitsbedingungen unverändert«. Doch dein Antrag genügt. Du willst darauf ein Ja oder Nein als Antwort. Vertritt dich ein Personalrat oder eine MAV der evangelischen Kirche? Dann benötigt der Arbeitgeber zur wirksamen Ablehnung deines Antrags deren Zustimmung (BPersVG § 76 Abs.1; MVG EKD § 42 k).
Hat der Arbeitgeber deinen Antrag nicht nach zwei Monaten ausdrücklich abgelehnt? Sein Schweigen gilt als Zustimmung! (§ 8 Abs. 5 TzBfG)
- Personalabteilung - Kopie: Interessenvertretung
Überprüfung Ihrer Anordnungen ............. (Datum)
Sehr geehrte Damen und Herren,
sorgfältig habe ich in meinem Arbeitsvertrag nachgelesen. Wir haben da zwar meine wochendurchschnittliche Zeitschuld vereinbart. Doch ich habe mich nicht verpflichtet, über deren vereinbarte Höhe hinaus zu arbeiten.
Zusätzliche Arbeitszeit hat dennoch in den letzten Monaten überhand genommen. Daran kann und möchte ich mich nicht gewöhnen.
Bitte sehen Sie von nun an davon ab, mich
Informieren Sie bitte darüber auch meine Vorgesetzten. Ausnahmsweise mag – nach Mitbestimmung unserer Interessenvertretung – ein zusätzlicher Einsatz angemessen sein. Auch dann ist es mir wichtig, dass Sie dies rechtszeitig zuvor mit mir absprechen.
Mit guten Wünschen für die weitere Zukunft
Vollzeitkräfte, die in den Geltungsbereich des TVöD, des TV-L oder einer ihrer Nachfolger fallen, finden ihre Verpflichtung zur Leistung von zusätzlicher Arbeit in § 6 Abs. 5. Da hilft nur, nach der Begründung für deren betriebliche Notwendigkeit und nach dem Vorliegen der Zustimmung der Interessenvertretung zu fragen. In den Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) fehlt regelmäßig die Verpflichtung zur Leistung von zusätz-licher Arbeit. Ausnahmen: AVR der Caritas- § 2 der Anl. 30 bis 33.
An Betriebsärztin/-arzt Kopie: Interessenvertretung
Einsatz auf Tagesarbeitsplatz ............. (Datum)
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Arbeitgeber zieht mich zu Nachtarbeit heran in Form von
Doch ich leide zunehmend unter
Diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen nehmen zu. Ich bin besorgt, ob sie ursächlich mit der Nachtarbeit zusammenhängen. Ich bitte Sie um Einladung zu einem Untersuchungstermin (§ 6 Abs. 3 ArbZG). Dabei können Sie als Arbeitsmediziner/in feststellen, ob die weitere Verrichtung von Nachtarbeit mich in meiner Gesundheit gefährdet. In diesem Fall werde ich gemäß § 6 Abs. 4 ArbZG vom Arbeitgeber verlangen, mich in meinem Arbeitsbereich auf einem der geeigneten Tagesarbeitsplätze einzusetzen. Sie wurden hoffentlich an der Belastungsbeurteilung der Arbeitsplätze (§ 5 ArbSchG) beteiligt und können mich so bei dieser Versetzung beraten.
Ich grüße Sie in der Hoffnung auf Ihre baldige Antwort
Die Untersuchung bezahlt der Arbeitgeber. Vielleicht schlägt dir der Betriebsarzt direkt vor, dich aus der Nachtarbeit herauszunehmen. Eine Kopie geht dann an die Interessenvertretung (§ 9 Abs. 2 ASiG). Vielleicht lehnt der Arbeitgeber den Vorschlag des Betriebsarztes ab. Auch davon geht dann eine Kopie an die Interessenvertretung (§ 8 Abs. 3 ASiG). Deine Betriebsräte, Personalräte oder Mitarbeitervertreter/innen können initiativ werden (§ 6 Abs. 4 ArbZG). Aktiviere sie. Bitte zunächst selbst um Kopien dieser Schreiben. Gibt es tatsächlich keinen geeigneten Tagesarbeitsplatz? Sind die entgegenstehenden betrieblichen Erfordernisse wirklich dringend? Auch dann darf der Arbeitgeber dein Versetzungsverlangen nicht als Vorwand für eine Kündigung verwenden.
- Personalabteilung - Kopie: Interessenvertretung
Frei von Mehrarbeit ............. (Datum)
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie ich Ihnen bereits mitteilte, ist mir ein
Gemäß § 207 SGB IX verlange ich, mich von Mehrarbeit freizustellen. Die Bundesarbeitsrichter haben dazu erläutert, wann Mehrarbeit in diesem Sinne beginnt (03.12.2002 — 9 AZR 462/01): Damit wird für mich alle Arbeitszeit ausgeschlossen, die über acht Stunden werktäglich hinausgeht (§ 3 ArbZG).
Mit herzlichen Grüßen
Nachtschichten dauern oft länger als acht Stunden. Die sind nun tabu. Bereitschaftsdienst und Inanspruchnahmen in der Rufbereitschaft sprengen häufig die Acht-Stunden-Grenze. Auch davon stellt das »Verlangen auf Freistellung von Mehrarbeit« frei.
- Personalabteilung - Kopie: Interessenvertretung
Freistellung ohne Entgelt gemäß .......... ............. (Datum)
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie haben mich wieder und wieder sehr kurzfristig zu Überstunden herange-zogen. Ich vermute, dass hier jeweils dringende betriebliche Notwendigkeiten vorlagen.
Deutlich weniger kurzfristig und ebenfalls aus wichtigem Grund (angelaufener Erholungsbedarf und zurückgestellte Aufgaben der Lebensführung) beantrage ich nun im Gegenzug unter Verzicht auf die Fortzahlung des Entgelts Sonderurlaub:
vom …………………….. bis einschließlich ……………. insgesamt über ……….. Kalendertage hinweg.
Bitte beteiligen Sie gegebenenfalls den Betriebsrat / Personalrat / die Mitarbeitervertretung im Zuge der Mitbestimmung bei der Urlaubs- und Schichtplanung.
Mit freundlichen Grüßen
Der Arbeitgeber kündigt unversehens die Auszahlung der lange aufgestauten Plusstunden an. Sophie ist empört. Sie hatte – etwas blauäugig – auf ruhigere Zeiten und den versprochenen Freizeitausgleich gehofft. Sie mag diesen überraschenden Geldsegen nicht. Die steuerlichen Abzüge fressen zu viel davon auf.
Sophie arbeitet Teilzeit, in der Drei-Tage-Woche mit sieben Stunden pro Schicht. Der Arbeitgeber hat ihr für den Monatsturnus eine Zeitschuld von 92 Stunden ausgerechnet, 13 Schichten.
Entlastung: Sophie beantragt nun für drei Kalendertage im Januar, unbezahltes Frei (Sonderurlaub aus wichtigem Grund). Sie hat sich dazu Tage ausgesucht, an denen sie sonst arbeiten müsste. Die drei so ausfallenden Schichten entlasten sie um 21 Stunden, also um fast 23 Prozent.
Der Preis ist heiß: Sie arbeitet die verbleibenden 71 Stunden. Sie behält dafür ihren Anspruch auf 28 der 31 Kalendertage im Januar. Denn ihr Vertrag hat ein monatliches Entgelt vereinbart, nicht ein arbeitstägliches. Sie arbeitet nicht den ganzen Monat. Für den Monatsteil, den sie arbeitet, erwartet sie 28/31 ihres Tabellenentgelts und der Zulagen. Ihr Entgelt sinkt, umso mehr ihr Steuersatz. Netto fehlen ihr auf dem Girokonto auch darum nur etwa 8 Prozent ihres gewohnten Entgelt-Eingangs. Sophie: »Prima, das mach’ ich gleich noch einmal!«
Tipps: Ergänze deinen Antrag um die bei dir passende Anspruchsgrundlage: TVöD § 28, TV-L § 28; TV AWO § 32 (3); TV Helios § 27 (4); AVR DD § 11 (6); AVR Caritas Anl. 14 § 10 (2); BAT KF § 27 (2), TV DN § 22 (3). Wenn du einen konkreten »wichtigen« Grund nennen kannst, hilft das. Vielleicht möchte der Arbeitgeber deinen Antrag ablehnen. Zuvor muss er die Zustimmung des Betriebsrates (§ 87 BetrVG Abs. 1 nr. 5) bzw. des Personalrates einholen. Aktiviere dann also deine Interessenvertretung! Du arbeitest mal ein paar Tage weniger. Dein Entgeltanspruch in diesem Monat kürzt sich nach der Formel:
Dein Tabellenentgelt *
(Kalendertage des Monats – Fehltage)
_______________________________________
Kalendertage dieses Monats
Das ist besonders attraktiv für Teilzeitbeschäftigte, die »ganze« Schichten arbeiten. Geregelt wird es durch § 24 Abs. 3 des TVöD, TV-L, TV TGDRV; TV UKN, TV UMN, TV-VBGK, TV-EKBO. Ebenso in TV-EvB § 22 (3); TV AWO § 28 (3); DRK RTV § 29 (3); TV Ärzte VKA § 25 (3); BAT-KF § 20 (2). Gleich in AVR Caritas Anlage 1 X b oder etwa AVR DD § 21 a (2).
Der Rückzug aus der Überlastung ist verlockend. Für dich sinkt dabei hoffentlich die Belastung. Doch im Arbeitsbereich bleibt sie unverändert. Jetzt müssen andere vielleicht noch mehr arbeiten. Oder sie werden häufiger zu ungesunden Schichten eingeplant.
Dann droht dicke Luft unter den Kolleg/innen. Seid klug und setzt euch im Team zusammen! Denn klare Kante zeigen wir besser gemeinsam. Niemand muss mehr arbeiten als vereinbart.
Auf Dauer gelingt uns die Entlastung nur, wenn wir die Arbeitsbedingungen für alle verbessern: Wir vereinbaren die Grenzen der Belastungen, den Schutz unserer Gesundheit. Darum streiten wir für betriebliche Vereinbarungen, Tarifverträge und gesetzliche Schutzregeln.