COVID-19

Pflegebonus – so nicht!

Etliche Krankenhäuser und Beschäftigte sollen von der Corona-Prämie ausgeschlossen werden.
20.04.2022
Überlastung ist Klinikalltag.

Die Beschäftigten der Krankenhäuser sind erschöpft. Nach über zwei Jahren Pandemie sind viele am Ende ihrer Kräfte. Trotz des Rückgangs der Infektionszahlen ist die Lage weiterhin angespannt. Zum einen müssen immer noch viele Corona-Patient*innen behandelt werden, zum anderen fallen reihenweise Kolleg*innen aus und pandemiebedingt aufgeschobene Eingriffe müssen nachgeholt werden.

Es ist gut, dass die Bundesregierung den Beschäftigten in dieser Situation ein Zeichen der Wertschätzung zukommen lassen will. Sie hat eine Milliarde Euro für einen »Pflegebonus« zur Verfügung gestellt, wovon die Hälfte an die Krankenhäuser ausbezahlt werden soll, die andere Hälfte an stationäre Pflegeeinrichtungen. Doch der Unmut über die Ausgestaltung wächst – nicht nur, weil der Ankündigung lange keine Umsetzung folgte. Der nun vorliegende Gesetzentwurf würde viele Beschäftigte und ganze Krankenhäuser komplett ausschließen, obwohl auch diese in der Pandemie Außerordentliches geleistet haben. Hier muss nachgebessert werden.

 

Willkürliche Kriterien

Das Grundproblem ist: Die insgesamt veranschlagte Summe reicht nicht aus, um allen betroffenen Beschäftigten eine angemessene Prämie zukommen zu lassen. Deshalb werden künstlich Bereiche und Beschäftigtengruppen ausgeschlossen. So sollen nur Krankenhäuser eine Zahlung erhalten, die 2021 mindestens zehn beatmete Corona-Patient*innen behandelt haben. Dabei hat die Belastung auch in vielen Kliniken zugenommen, die dieses Kriterium nicht erfüllen. Davon abgesehen, dass auch die Kolleg*innen im Rettungsdienst, in Reha-Einrichtungen, psychiatrischen Kliniken und anderen Bereichen in der Pandemie besonders gefordert sind. Doch auch ihre Leistungen sollen nicht honoriert werden.

Auch innerhalb der Kliniken werden Beschäftigte ungleich behandelt. Intensivpflegekräfte sollen mehr erhalten als ihre Kolleg*innen auf Station – allerdings nur, wenn sie über eine abgeschlossene Fachweiterbildung für Intensivpflege und Anästhesie verfügen. Wer ohne Fachweiterbildung auf einer Intensivstation dieselbe Arbeit macht und denselben Belastungen ausgesetzt ist, soll leer ausgehen.

Andere Pflegefachkräfte müssen mindestens 185 Tage unmittelbar in der Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen eingesetzt sein, um von dem Bonus zu profitieren, der allerdings geringer ausfällt als in der Intensivmedizin. Pflegehelfer*innen und Servicekräfte auf den gleichen Stationen erhalten nichts. Auch die Kolleg*innen im Funktionsdienst, in der Notaufnahme, in den Servicebetrieben und alle anderen Bereichen fallen durchs Rost.

 

Das Gegenteil von Wertschätzung

Es ist absehbar, dass diese Regelungen zu Konflikten und Unzufriedenheit führen werden. Wer mit willkürlich gesetzten Kriterien Beschäftigte ausschließt, vermittelt das Gegenteil von Wertschätzung. Deshalb muss der Bundestag den Gesetzentwurf dringend weiterentwickeln. Die Gesamtsumme muss erhöht werden, um eine angemessene Prämie für alle Beschäftigten im Gesundheitswesen zu ermöglichen, die in der Pandemie allzu oft an ihre Grenzen und darüber hinaus gegangen sind. Der Empfängerkreis muss ausgeweitet und die Verteilung mit nachvollziehbaren Kriterien begründet werden.

 

Für dauerhaft bessere Arbeitsbedingungen

Grundsätzlich gilt: Eine Einmalzahlung ersetzt weder eine dauerhafte Aufwertung noch bessere Arbeitsbedingungen. Die Verhältnisse im Gesundheitswesen müssen sich grundlegend ändern. Für die Krankenhauspflege heißt das im ersten Schritt, die bedarfsgerechte Personalbemessung, PPR 2.0, schnellstens in Kraft zu setzen. Die Beschäftigten brauchen jetzt das Signal, dass die Bundesregierung die Probleme ernsthaft angeht. So können die dringend benötigten Arbeitskräfte gewonnen und gehalten werden.

Für mehr Personal nutzt ver.di auch tarifpolitische Mittel. Aktuell streiten Beschäftigte der sechs nordrhein-westfälischen Unikliniken mit ihrer Gewerkschaft für einen Tarifvertrag Entlastung. Ihre Vorbilder sind Kolleg*innen bei Charité und Vivantes in Berlin, an den Unikliniken Mainz, Jena, Homburg und Schleswig-Holstein sowie an anderen Krankenhäusern, die bereits entsprechende Tarifverträge durchgesetzt haben.

ver.di setzt sich auf allen Ebenen für gute Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung ein – im Betrieb, mit Tarifverträgen und gegenüber den politisch Verantwortlichen. Mach mit!

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veröffentlicht/aktualisiert am 20. April 2022

 

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