»Die Corona-Pandemie hat offengelegt, was im Gesundheitswesen falsch läuft«, betont der Krankenpfleger Richard Ulrich, der auf einer Intensivstation der Frankfurter Uniklinik arbeitet. Er und rund 200 seiner Kolleg*innen demonstrierten am 4. Juni 2020 durch die Mainmetropole dafür, dass die nötigen Schlussfolgerungen aus der Krise gezogen werden. Aus ihrer Sicht sind das vor allem: mehr Personal und Anerkennung, auch finanziell. Und: Die Abschaffung des Finanzierungssystems über Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups, DRG). Ein unmittelbares Ziel ist, dass die Klinikbeschäftigten während der Pandemie eine Sonderprämie von 500 Euro monatlich erhalten.
»Die Kolleginnen und Kollegen in der Altenpflege erhalten bis zu 1.500 Euro extra. Das finde ich super und ist auf den Druck zurückzuführen, den ver.di in dieser Frage gemacht hat«, sagt Ulrich, der in der ver.di-Betriebsgruppe des Uniklinikums aktiv ist. »Doch diese Anerkennung haben auch alle anderen Beschäftigten im Gesundheitswesen verdient.« An der Frankfurter Uniklinik haben gut 2.000 Kolleg*innen eine Petition mit dieser und weiteren Forderungen unterzeichnet. Ende April wurde sie an Hessens Wissenschaftsministerin Angela Dorn-Rancke (Grüne) übergeben – doch eine wahrnehmbare Reaktion blieb aus. »Die Beschäftigten der Krankenhäuser werden überall beklatscht, das reicht aber nicht«, erklärt Ulrich. »Eine besondere finanzielle Anerkennung ist doch wohl das Mindeste. Wenn das in Schleswig-Holstein möglich ist, warum dann nicht auch in Hessen und überall anderswo?«
In Kiel hat die Landesregierung einen Pflegebonus zwischen 900 und 1.500 Euro beschlossen, der nicht nur in der Altenpflege, sondern auch in den Krankenhäusern und für alle Berufsgruppen greift. Steffen Kühhirt, der bei ver.di in Schleswig-Holstein für Gesundheit und Soziales zuständig ist, nannte dies »einen echten Erfolg für alle Pflegebeschäftigten, Auszubildenden und andere wichtige Berufsgruppen im Gesundheitswesen«.
In Frankfurt fordern die ver.di-Aktiven neben der Prämie unter anderem regelmäßige, symptomunabhängige Testung des Krankenhauspersonals und sieben zusätzliche freie Tage. Vor allem aber müsse sich grundlegend und dauerhaft etwas im Gesundheitswesen ändern. »Jetzt wird deutlich, wie fatal die Politik der vergangenen Jahre war. Personalabbau, Arbeitsverdichtung, Outsourcing – all das hängt wesentlich mit dem Fallpauschalensystem zusammen«, meint Ulrich. Seine Schlussfolgerung: »Das DRG-System gehört abgeschafft. Statt Preiswettbewerb unter den Kliniken brauchen wir eine gesamtgesellschaftliche Planung von Krankenhausleistungen, deren Kosten komplett finanziert werden.«
ver.di Bundesverwaltung