»Wir müssen Ausdauer zeigen«, sagt der Betriebsratsvorsitzende des AWO-Seniorenzentrums Schwafheim im nordrhein-westfälischen Moers, Hajo Schneider. »Schon seit Jahren kämpfen wir für genug Personal und gute Bezahlung in der Altenpflege. Und wir bleiben dran!« Um das deutlich zu machen, hat sich Hajo Schneider mit anderen ver.di-Aktiven auf den Weg gemacht zur Gesundheitsministerkonferenz nach Friedrichshafen – mit dem Fahrrad, 640 Kilometer von Dresden aus.
Als sie am dritten Tag der Tour in Nürnberg Zwischenstation machen, haben die Kolleg*innen mehr als 350 Kilometer hinter sich gebracht. Im Stadtteil Schweinau schließen sie sich einer Kundgebung an, mit der Gewerkschafter*innen auf die Zustände im Seniorenheim St. Elisabeth aufmerksam machen. Dort berichten Beschäftigte von extremem Personalmangel und Überlastung. Statt die Bedingungen zu verbessern, hat der kommerzielle Betreiber, die Alwo Altenwohn- und Krankenpflege-Betriebs GmbH, mehreren Kolleg*innen gekündigt, von denen die meisten im Betriebsrat engagiert sind. Mit der Kundgebung machen örtliche Aktivist*innen auf diesen Fall von »Union Busting«, von systematischem Vorgehen gegen Betriebsräte und Gewerkschaften, aufmerksam – unterstützt von den Teilnehmenden der Fahrradtour.
»Wir haben den Kolleg*innen unsere Solidarität bekundet, denn für uns ist klar: Im Gesundheitswesen muss stets das Gemeinwohl im Zentrum stehen«, erklärt der Betriebsratsvorsitzende der AWO Sachsen Soziale Dienste gGmbH, Johannes Hermann, der die Protesttour organisiert hat. »Versorgungsverträge sollten deshalb künftig nur noch mit gemeinnützigen und kommunalen Einrichtungen geschlossen werden.«
Weiter geht es, gut 150 Kilometer nach Langenau am Rande der Schwäbischen Alb. Dort heißen am frühen Montagabend Beschäftigte des Sonnenhofs der Evangelischen Heimstiftung die Radler mit Plakaten willkommen. »Ich finde es super-cool, dass die Kollegen solche Strapazen auf sich nehmen, um der Altenpflege Aufmerksamkeit zu verschaffen«, sagt die Altenpflegerin Ilka Steck, die sich in der Mitarbeitervertretung und bei ver.di engagiert. »Das ist auch dringend nötig, denn die Probleme werden immer größer. Wir brauchen endlich einheitliche und bedarfsgerechte Personalvorgaben, die auch verbindlich sind. Es muss überall nach maßgeblichen Tarifverträgen bezahlt werden. Und nicht zuletzt, braucht es den Ausbau der Pflegeversicherung zu einer Solidarischen Pflegegarantie.« Um dafür Druck zu machen, wollen die Aktiven am 5. Juli in Friedrichshafen am Bodensee ankommen. Gemeinsam mit vielen anderen werden sie am Rande der Gesundheitsministerkonferenz für eine grundlegende Neuausrichtung der Gesundheitspolitik auf die Straße gehen.