COVID-19

Schutz organisieren

29.03.2021

In den Pflegeeinrichtungen herrschen teils dramatische Zustände. Hier fordert die Corona-Pandemie die meisten Opfer. So zählt das Robert Koch-Institut zum Redaktionsschluss Ende Januar mehr als 900 Ausbrüche in Pflegeheimen. In Berlin machten deren Bewohner*innen zuletzt fast zwei Drittel, in Hessen sogar 86 Prozent aller an Covid-19 Verstorbenen aus. Entsprechend groß ist die Verantwortung und Belastung der Pflegekräfte. Es muss alles daran gesetzt werden, die pflegebedürftigen Menschen und die Beschäftigten zu schützen.

»Es ist gut, dass die Impfkampagne bei älteren und pflegebedürftigen Menschen sowie den Beschäftigten der Gesundheitseinrichtungen beginnt, doch es muss noch mehr getan werden«, erklärte Sylvia Bühler, die im ver.di-Bundesvorstand für das Gesundheitswesen zuständig ist. »Kostenlose FFP-2-Masken, Schnelltests und Hygienemaßnahmen sind nötig – auch um zu verhindern, dass Bewohnerinnen und Bewohnern in Pflegeeinrichtungen erneut isoliert werden müssen.« Angesichts der ohnehin dünnen Personaldecke seien der Einsatz und die vollständige Finanzierung zusätzlicher Pflege- und Hygienefachkräfte dafür eine zwingende Voraussetzung. »Bessere Personalschlüssel sind auch nötig, damit potenziell infiziertes Personal in Quarantäne gehen kann, ohne dass die Versorgung zusammenbricht. Kontaktpersonen ersten Grades weiter einzusetzen, gefährdet Beschäftigte und Bewohner gleichermaßen – das ist unverantwortlich.«

Die ersten Impfstoffe gegen das Coronavirus stehen mittlerweile zur Verfügung. Auch wenn die Produktion langsamer anläuft als erhofft, schafft dies die Perspektive, die Pandemie wirksam einzudämmen. ver.di empfiehlt den Beschäftigten im Gesundheitswesen, sich impfen zu lassen, um sich und ihre Familien ebenso wie Bewohner*innen und Patient*innen zu schützen. Eine Impfpflicht oder Diskriminierung aufgrund des Impfstatus lehnt die Gewerkschaft aber entschieden ab. Zuletzt hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) laut über eine Impfpflicht für Pflegekräfte nachgedacht, was der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke als kontraproduktiv zurückwies. Gerade Pflegepersonen hätten seit Jahren erfahren, dass politisch Verantwortliche und Arbeitgeber die Gefährdung ihrer Gesundheit durch den Personalmangel billigend in Kauf nähmen. »Jetzt müssen Politik und Arbeitgeber aktiv und transparent über alle Aspekte der Impfung aufklären«, forderte Werneke.

Bühler betonte, die Pandemie habe gezeigt, wie wichtig ein funktionierendes Gesundheitswesen und die Arbeit der dort Beschäftigten ist. »Diese müssen endlich die Wertschätzung erfahren, die sie verdienen.« Dazu gehörten bedarfsgerechte Personalvorgaben, flächendeckende Tarifbindung und eine »Solidarische Pflegegarantie«, die alle pflegebedingten Kosten abdeckt. »Um diesen Forderungen im Wahljahr Nachdruck zu verleihen, brauchen wir das Engagement der Kolleginnen und Kollegen«, betonte Bühler. »Macht öffentlichkeitswirksame Aktionen, sucht das Gespräch mit Kandidaten und Parteien, macht euch gemeinsam mit eurer Gewerkschaft ver.di für Verbesserungen stark – so bewegen wir die Politik zum Handeln.«

 
Grafik Pflegekräfte

Barmer-Pflegereport

Die hohe Arbeitsbelastung in der Altenpflege hat messbare gesundheitliche Folgen. Laut Barmer-Pflegereport sind die krankheitsbedingten Fehlzeiten hier deutlich höher als im Gesamtdurchschnitt, vor allem aufgrund psychischer sowie Muskel-Skelett-Erkrankungen. Zwischen 2016 und 2018 waren demnach 7,2 Prozent der Fachkräfte und 8,7 Prozent der Hilfskräfte krankgeschrieben. »Pflegehilfskräfte müssen allzu oft Tätigkeiten ausführen, für die sie nicht qualifiziert sind. Das setzt sie besonders unter Druck und macht krank«, kommentierte Sylvia Bühler vom ver.di-Bundesvorstand. Deshalb müssten die Einrichtungen deutlich mehr und jederzeit genug Fachkräfte einsetzen. Das Potenzial ist da: Würden Krankschreibungen und Frühverrentungen auf das Durchschnittsniveau gesenkt, stünden laut Pflegereport auf einen Schlag 26.000 zusätzliche Pflegekräfte zur Verfügung.

 

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