Das hat es in Schwedt noch nicht gegeben: Mit Trillerpfeifen, Trommeln, Fahnen und Transparenten zogen Ende Juni rund 70 Beschäftigte der Arbeiterwohlfahrt durch das kleine Städtchen im äußersten Osten Brandenburgs. Es war die erste Arbeitsniederlegung nicht nur beim AWO-Ortsverein, sondern in Schwedt überhaupt. Und sie war erfolgreich: Nach zwei Warnstreiktagen unterschrieb der Arbeitgeber einen Haustarifvertrag, der den Beschäftigten in den Seniorenzentren, ambulanten Pflegediensten und Begegnungsstätten deutliche Verbesserungen bringt.
»Jahrzehntelang hat der Vorstand entschieden, was angeblich gut für uns ist – das wollten wir nicht länger akzeptieren«, erklärt der Altenpfleger und Betriebsrat Alexander Grunwald. »Es war klar: Wenn wir nicht selbst den Arsch hochkriegen, verbessert sich nichts.« Noch im Dezember waren lediglich elf AWO-Beschäftigte in Schwedt bei ver.di organisiert. Jetzt sind es fast 90. »Wir haben allen erklärt, dass nur sie selbst an der unzureichenden Bezahlung etwas ändern können. Das haben viele verstanden. Am Ende waren sie richtig heiß darauf, zu streiken und sich endlich mal zu zeigen.«
Der so erzielte Tarifabschluss beschert ihnen zwischen 10 und 20 Prozent mehr Geld. Zudem wird die Wochenarbeitszeit von 40 auf 39 Stunden reduziert – bei vollem Lohnausgleich. Hinzu kommen höhere Zuschläge, eine bessere Vergütung der Auszubildenden und Inflationsausgleichsprämien von insgesamt 1.300 Euro. ver.di-Mitglieder bekommen nochmal 300 Euro oben drauf. »Auf diesem Erfolg können wir aufbauen«, meint Alexander Grunwald. »Der Tarifvertrag läuft bis Juni 2024, dann haben wir die Möglichkeit, weitere Verbesserungen durchzusetzen.«