Gut organisierte Belegschaften in der Altenpflege können etwas erreichen – auch bei kommerziellen Trägern. Aktuelle Beispiele dafür sind das Haus am Erlenhofsee und das Haus am Park in Rheinland-Pfalz, die zu Korian gehören. Nachdem die Pflegeheime vor einigen Jahren von dem französischen Konzern übernommen wurden, zogen viele Beschäftigte den Schluss: Sie brauchen Schutz und müssen sich zusammentun – in ver.di. Auf dieser Grundlage setzten sie 2022 einen Tarifvertrag durch, der manchen Beschäftigten bis zu 20 Prozent mehr Geld bescherte. Dieses Jahr legten sie nach: Die Mitte September erzielte Tarifeinigung stellt insbesondere Pflegehilfskräfte besser, die zum Ende der Vertragslaufzeit wie ihre examinierten Kolleg*innen sogar über dem aktuellen Niveau des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) liegen.
Bis Ende August 2026 werden die Gehälter demnach schrittweise um zwischen 15,5 und 17,5 Prozent erhöht. Am stärksten profitieren ungelernte Hilfskräfte, für die zudem die Erfahrungsstufe 6 eingeführt wird. »16, 17 Prozent mehr Geld – das ist schon eine Hausnummer«, findet die Betreuungskraft Silke Kohn, die sich in der ver.di-Tarifkommission engagiert. Bislang wurden ungelernte Kräfte je nach Stufe zwischen 7 und 13 Prozent schlechter bezahlt als im TVöD. Am Ende der Vertragslaufzeit werden sie sogar leicht über dem Niveau des Flächentarifvertrags liegen. »Vermutlich wird der öffentliche Dienst Anfang des Jahres wieder vorbeiziehen, aber auch dann werden wir wahrscheinlich nicht mehr so stark hinterher hinken«, erklärt Silke Kohn. Die von den Beschäftigten geforderte Inflationsausgleichsprämie habe das Management auf Geheiß der Konzernspitze hingegen vehement zurückgewiesen. Dafür seien die tabellenwirksamen Lohnerhöhungen aber gut ausgefallen. »Das ist für die Zukunft ohnehin wichtiger«, findet die Betreuungskraft, »denn auf diesem Fundament bauen künftige Tarifabschlüsse auf«.
Längerfristig betrachtet ist die Entwicklung an den rheinland-pfälzischen Korian-Einrichtungen noch beeindruckender. Bis die Belegschaft 2022 erstmals einen Tarifvertrag erkämpfte, entsprach die Bezahlung noch weitgehend dem Pflegemindestlohn. Von dem damals erzielten Tarifabschluss profitierten vor allem langjährige Beschäftigte und Fachkräfte, nun waren die Hilfskräfte an der Reihe. Streiken mussten die Korian-Beschäftigten für die Verbesserungen zwar nicht. Dass mehr als die Hälfte von ihnen in ver.di organisiert ist, war für den Verhandlungserfolg dennoch entscheidend. »Es zahlt sich aus, dass die Leute nach 2022 aktiv geblieben sind«, meint Silke Kohn.
Es gebe allerdings noch viel zu tun, gerade bei den Arbeitsbedingungen und der Versorgungsqualität liege einiges im Argen. »Seit Korian da ist, wird jeder Cent zehnmal umgedreht«, berichtet die Betriebsratsvorsitzende. »Darunter leiden die Bewohnerinnen und Bewohner, und das spüren wir als Beschäftigte.« Neben der Bezahlung haben die Kolleg*innen deshalb auch die hohe Arbeitsbelastung zum Thema gemacht. In einem langjährigen Konflikt setzte der Betriebsrat vor der Einigungsstelle eine Betriebsvereinbarung zum Gesundheitsschutz durch, die unter anderem zusätzliche Freizeit als Belastungsausgleich für die Arbeit in unterbesetzten Schichten vorsieht. Wie die Kolleg*innen bei Korian das erreicht haben, ist in wenigen Tagen auf Seite 2 der Infopost Altenpflege Nr.22 nachzulesen.