Pressemitteilung. Berlin, 02.06.2021. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert dringende Nachbesserungen bei den gesetzlichen Regelungen zur Entlohnung in der Altenpflege, die das Bundeskabinett am heutigen Mittwoch (2.6.21) auf den Weg gebracht hat. "Es gibt im Gesetzentwurf keinen Mechanismus, der Gefälligkeitstarifverträge zwischen Pseudogewerkschaften und Pflegeanbietern, die weiterhin keine faire Löhne zahlen wollen, ausschließt. Auch mit solchen Tarifverträgen wäre dann die Voraussetzung für einen Versorgungsvertrag erfüllt", kritisierte Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand. Andere Arbeitgeber könnten dann ebenfalls auf einen solchen Dumpingtarifvertrag bei der Bezahlung abstellen. Das alles sei mehr als missbrauchsanfällig und müsse abgestellt werden. Deshalb sollte ausschließlich auf relevante Flächentarifverträge Bezug genommen werden.
"In der jetzt anstehenden parlamentarischen Beratung müssen entscheidende Nachbesserungen erfolgen, damit es eine Chance gibt, dass die angestrebte Wirkung überhaupt eintritt und in der Altenpflege endlich flächendeckend einigermaßen anständig bezahlt wird", so Bühler weiter. "Wir brauchen ein Gesetz, das wasserdicht ist gegen die absehbaren Versuche vor allem der kommerziellen Pflegeanbieter, Schutzwirkungen für die Beschäftigten zu umgehen."
Auch sei es nicht akzeptabel, dass erst Ende 2025 überprüft werden solle, ob die gewünschte Wirkung erzielt werde. "Wer glaubt, dass die Beschäftigten sich noch lange vertrösten lassen, der irrt. Wenn es nicht bald spürbar bessere Arbeitsbedingungen gibt, laufen wir in der Pflege sehenden Auges auf ein Desaster zu."
Ob und wie die Regelungen wirken, könne niemand mit Sicherheit sagen, so Bühler. "Die schlichte Frage, ob eine examinierte Altenpflegerin künftig mehr verdient als den Pflegemindestlohn, kann nicht beantwortet werden." Deshalb sei der Gesetzentwurf allenfalls die zweitbeste Lösung. "Der Gesetzentwurf ist kein adäquater Ersatz für einen Tarifvertrag, dessen Erstreckung auf die gesamte Pflegebranche für hunderttausende Beschäftigte in der stationären und ambulanten Pflege bereits ab August dieses Jahres deutlich höhere Löhne gebracht hätte", so Bühler. Der ursprünglich geplanten Allgemeinverbindlichkeitserklärung dieses Tarifvertrages hatten vor einigen Wochen Caritas und Diakonie die gesetzlich vorgeschriebene Zustimmung verweigert.
Auf Druck von ver.di wird seither nach einer anderen Lösung gesucht.
Wie kompliziert sich das gestalte, mache deutlich, wie schwerwiegend die fehlende Unterstützung der christlichen Wohlfahrtverbände und des Bundesgesundheitsministers für den ausverhandelten Tarifvertrag gewesen sei, der die Mindestarbeitsbedingungen in der Altenpflege festlegen sollte, so Bühler.