Großer Verlust

Immer mehr Altenpflege-Azubis brechen die Ausbildung ab.
10.06.2024

Es ist eine erschreckende Zahl: 46 Prozent derjenigen, die 2019 in Nordrhein-Westfalen eine Altenpflege-Ausbildung begannen, hatten diese drei Jahre später nicht abgeschlossen. Es blieb also fast jede*r zweite Azubi ohne Abschluss. Die Abbruchquote in NRW – dem einzigen Land, das diese systematisch erhebt – schwankt. Doch der Trend der vergangenen Dekade ist eindeutig: Immer mehr Auszubildende bleiben auf der Strecke. Diesen Verlust kann sich die Altenpflege nicht leisten. Höchste Zeit gegenzusteuern!

Ein Schlüssel dafür ist eine gute praktische Anleitung der Auszubildenden, meint Martin Janke, der als Wohnbereichsleiter und Praxisanleiter in einer freigemeinnützigen Pflegeeinrichtung in Bernau tätig ist. »Eine intensive Begleitung in der Praxis ist sehr wichtig. Denn wenn sie gleich ins kalte Wasser geschmissen werden, fühlen sich Auszubildende häufig überfordert und allein gelassen – und schmeißen vielleicht gleich wieder das Handtuch.« Doch durch Personalmangel und Dienstplanwechsel falle geplante Praxisanleitung allzu oft aus.

 

Häufig würden Auszubildende schon nach wenigen Tagen als »helfende Hände« eingesetzt, statt erstmal nur mitzulaufen und zu lernen. »Es braucht mehr qualifizierte und motivierte Praxisanleiter. Um sie zu gewinnen, muss diese Aufgabe deutlich attraktiver werden«, betont Martin Janke. »Im Moment ist das finanziell überhaupt nicht attraktiv.«

Auch Alexandra Özgül, die in einer diakonischen Einrichtung in Baden-Württemberg für die Organisation der Ausbildung zuständig ist, hält eine gut vorbereitete Anleitung für entscheidend. »Dafür müssen die Anleiter freigestellt werden – das geht nicht nebenher«, betont die erfahrene Altenpflegerin. Sie selbst ist zu 75 Prozent als Praxisanleiterin freigestellt – allerdings als einzige in ihrer Einrichtung mit neun eigenen und weiteren externen Auszubildenden.

»Jeden Donnerstag haben wir Azubi-Tag, an dem die Auszubildenden aller Jahrgänge zusammenkommen. Da lernen sie von mir, aber auch voneinander – das funktioniert richtig gut«, berichtet Alexandra Özgül. Doch insgesamt brauche es mehr Zeit und Unterstützung. Das gelte besonders für im Ausland angeworbene Auszubildende, die sich erst eingewöhnen müssten. »Bei uns wird jetzt eine Kollegin extra dafür eingestellt, die Menschen beim Ankommen zu unterstützen. Das finde ich richtig gut, denn wir dürfen sie nicht allein dabei lassen, sich in einem fremden Land, mit fremder Sprache und Kultur zurechtzufinden.« Durch eine gute Integration könnten womöglich der eine oder andere Ausbildungsabbruch vermieden werden. »Auszubildende sind unsere Zukunft.«