Die Bundesregierung hat ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Grundlage für einen flächendeckenden Tarifvertrag in der Altenpflege legt. Das hat viel Unterstützung, aber auch Kritik hervorgerufen. Hier beantworten wir die wichtigsten Fragen zum Thema.
Warum begrüßt ver.di den Beschluss der Bundesregierung, einen flächendeckenden Tarifvertrag für die gesamte Altenpflege zu ermöglichen?
Das ist ein ganz wichtiger Schritt. Da der Anteil älterer Menschen in der Gesellschaft immer größer wird, werden in Zukunft noch sehr viel mehr Pflegekräfte gebraucht. Um sie zu gewinnen und im Beruf zu halten, sind eine bessere Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen nötig.
Warum wird in der Altenpflege oft schlecht bezahlt?
Das größte Problem sind die vielen Einrichtungen ohne Tarifbindung. Vor allem kommerzielle Träger verweigern sich Tarifverträgen, um ihre Gewinne auf Kosten der Beschäftigten zu steigern. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden.
Die kommerziellen Anbieter lehnen einen flächendeckenden Tarifvertrag mit Verweis auf den niedrigen gewerkschaftlichen Organisationsgrad in der Branche ab. Ist das stichhaltig?
Ganz im Gegenteil: Die Erstreckung der Tarifbindung ist nötig, weil die Beschäftigten sie angesichts von 14.500 stationären und 14.100 ambulanten Pflegeeinrichtungen nicht aus eigener Kraft durchsetzen können. Die Arbeitgeber nutzen die Selbstlosigkeit und Empathie der Pflegekräfte gnadenlos aus. Übrigens gibt es auch deshalb so wenige Tarifverträge, weil die kommerziellen Arbeitgeber alle Mittel einsetzen, um sie zu verhindern.
Gelten die bestehenden Tarifverträge noch, wenn es einen flächendeckenden Tarif gibt?
Alle für die Beschäftigten günstigeren Tarifvereinbarungen bleiben vollständig erhalten. In ihnen ist auch viel mehr geregelt als in einem flächendeckenden Tarifvertrag nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz festgeschrieben werden kann – von Zuschlägen bis zur betrieblichen Altersversorgung. All das bleibt bestehen. Unser Ziel ist und bleibt, überall das Niveau des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) zu erreichen, in dem examinierte Pflegekräfte in der Regel deutlich über 3.000 Euro im Monat verdienen.
Was haben die Beschäftigten tarifgebundener Einrichtungen dann vom flächendeckenden Tarifvertrag?
Wenn das Lohndumping kommerzieller Anbieter beendet wird, nimmt der Wettbewerbsdruck auf die Tarifverträge ab. Das Vergütungsniveau steigt.
Verfolgt ver.di bloß Eigeninteressen, wie die kommerziellen Arbeitgeber behaupten?
ver.di vertritt die Interessen der Beschäftigten. Für die Gewinnung neuer Gewerkschaftsmitglieder ist ein flächendeckender Tarifvertrag sicher nicht das beste Mittel. Doch er ist gesamtgesellschaftlich sinnvoll und nötig – das ist für ver.di entscheidend.