Von Beschimpfungen über Beißen und Zwicken bis hin zu sexueller Belästigung und schweren Übergriffen: Viele Kolleginnen und Kollegen in der Behindertenhilfe erleben Gewalt in ihrem Arbeitsalltag. Einer aktuellen Befragung der Technischen Universität Darmstadt zufolge wurde die Mehrheit der Beschäftigten bereits körperlich angegriffen. Jede*r zehnte Beschäftigte wird jeden Tag beschimpft oder beleidigt. Rund 20 Prozent erleben tagtäglich Übergriffe, vor allem im Wohnbereich und in den Tagesförderstätten. Doch kaum jemand redet darüber.
Gewalt in der Behindertenhilfe ist immer noch ein Tabu. Das müssen wir dringend ändern! Denn jede*r hat das Recht auf einen gewaltfreien Arbeitsplatz. Gemeinsam gilt es, das Thema in den Fokus zu rücken und Gewalt zu verhindern. Im Interesse aller.
Oft nehmen Beschäftigte die tägliche Gewalt stumm hin – als Normalzustand ihrer Arbeit. Viele fühlen sich selbst schuldig oder wollen ihre Klient*innen schützen. Ohne zu hinterfragen, ob die Vorfälle zu vermeiden gewesen wären. Damit muss Schluss sein. Gewalterfahrungen wirken sich häufig negativ auf die Arbeit aus und können der Gesundheit schaden.
Zugleich ist Gewalt oft ein Ausdruck davon, dass die Menschen mit Behinderungen in einer Situation extrem gestresst oder gefrustet sind. Denn Aggressionen haben häufig auch strukturelle Ursachen. Umso wichtiger ist es, Gewalt in der Behindertenhilfe nicht länger auszublenden. Unser Ziel ist es, gute Bedingungen zu schaffen, die Gefährdungen vermeiden.
Kein Tabu: Setzt das Thema im Team auf die Tagesordnung.
Macht euch stark für Prävention und Gewaltschutz in eurem Betrieb!
Erkundigt euch: Gibt es ein Sicherheitskonzept in eurer Einrichtung? Wenn nicht, wird es höchste Zeit. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seine Beschäftigten vor Gefahren für Leben und Gesundheit zu schützen.
Holt eure Interessenvertretung mit an den Tisch. Betriebs- oder Personalrat und Mitarbeitervertretung können aktiv werden, damit Schutzkonzepte im Betrieb entwickelt werden.
Wann häufen sich Gewalttaten? Welche Situationen sind besonders brenzlig?
Gefährdungsbeurteilungen sind gesetzlich vorgeschrieben. Das Instrument eignet sich gut dafür, Risiken frühzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln.
Beschäftigte können auch Gefährdungsanzeigen nutzen, um ihren Arbeitgeber auf Missstände am Arbeitsplatz aufmerksam zu machen.
Seid dabei: ver.di bietet vom 16. bis 18. Oktober 2023 in Gladenbach das Seminar »Gewalt gegen Beschäftigte in der Behindertenhilfe« für betriebliche Interessenvertretungen an, dabei geht es um Ursachen von Gewalt sowie um praktische Lösungsansätze.
Mehr Infos: t1p.de/seminar-gewalt-behindertenhilfe
»Da kann man doch was machen«: Das Positionspapier der ver.di-Bundesfachkommission Behindertenhilfe, Teilhabe- und Inklusionsdienste widmet sich den Auswirkungen von Gewalt auf die Beschäftigten und formuliert Forderungen an Arbeitgeber und Politik.
Mehr Infos: t1p.de/positionspapier-bfk
Hilfe für Betroffene nach Gewaltvorfällen: Die Berufsgenossenschaft stellt klar, was Betriebe sicherstellen müssen – und bietet Unterstützung an, unter anderem vermittelt sie psychotherapeutische Beratung.
Mehr Infos: t1p.de/umgang-mit-gewalt
Behindertenhilfe, Teilhabe- und Inklusionsdienste
030/6956-1843
sarah.bormann@verdi.de