Beherzt klopfen sie an Bürotüren und bauen gut sichtbar ihren Infostand mit dem knallroten ver.di-Schirm direkt vor dem Hauptgebäude auf. »Zusammen stark«, lautet ihre Botschaft auf dem Transparent. An der Friedrich-Schiller-Universität in Jena haben Gewerkschafter*innen vor ein paar Monaten eine neue ver.di-Betriebsgruppe gegründet. »Wir sind voller Tatendrang«, sagt Peter Bescherer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie.
Ob in der aktuellen Tarifrunde, bei der 3.000-Euro-Kampagne für alle Landesbeschäftigten, bei Protesten gegen Befristungen, Kürzungen oder Stellenabbau: Die Betriebsgruppe mischt überall aktiv mit. »An der Uni passiert gerade wahnsinnig viel«, betont die Verwaltungsangestellte Laura Kaden. »Da sind wir dabei!«
Ins Rollen kam alles, als Studierende kurz vor Weihnachten tagelang einen Hörsaal besetzten, um gegen die Streichung des Lehrstuhls für Geschlechtergeschichte zu protestieren. »Das war ein sehr dynamischer Moment«, berichtet Peter Bescherer. »Da war klar, dass wir uns an der Uni viel mehr einbringen müssen.« Er selbst ist bereits als Student in ver.di eingetreten und war politisch vor allem gegen Neonazis aktiv. Jetzt wurde ihm bewusst: »Obwohl ich schon lange in der Gewerkschaft bin, habe ich mich nie für meinen eigenen Arbeitsplatz engagiert.« Dabei leidet der Wissenschaftliche Mitarbeiter enorm unter dem Befristungswesen. Vor zehn Jahren habe er promoviert und stets gehofft, ins System reinzurutschen, sagt Peter Bescherer. »Doch das klappt leider nicht. Für Leute wie mich gibt es nicht so richtig einen Platz.« Der Wissenschaftler hangelt sich von einem befristeten Vertrag zum nächsten. Deshalb macht er sich jetzt für bessere Arbeitsbedingungen an der Uni stark.
»Mit offenen Armen empfangen«
Mit Unterstützung der neuen Gewerkschaftssekretärin beschloss eine Handvoll aktiver Mitglieder, an der Uni etwas aufzubauen. Schnell fand sich ein fester Kern zusammen, der sich regelmäßig alle zwei Wochen trifft. Darunter Kolleg*innen aus Verwaltung, Wissenschaft, IT und Bibliothek. Direkt am Anfang stieß Laura Kaden dazu. »Ich wurde mit offenen Armen empfangen.« Die 28-Jährige hat ganz frisch ihre erste Stelle in der Verwaltung angetreten, eine befristete Elternzeitvertretung. »Ich habe mich voll gefreut, meinen Fuß in der Tür zu haben«, sagt Laura Kaden. Doch kurz darauf verkündete die Uni einen Einstellungsstopp. »Traum geplatzt.« Als Gewerkschafterin war für die junge Frau selbstverständlich, dass sie sich im Arbeitsleben engagieren möchte. Die neue Betriebsgruppe bot den perfekten Einstieg. Schon in ihrer ersten Woche zog die Verwaltungsangestellte von Tür zu Tür, um Unterschriften für die Forderung nach einer Extrazahlung von 3.000 Euro als Inflationsausgleich für alle Landesbeschäftigten zu sammeln. »Die Kampagne hat es mir echt leicht gemacht«, betont Laura Kaden. »Supercool. Wer sagt da Nein?« Zumal die Beamt*innen in Thüringen diese Prämie steuerfrei erhalten. Das Motto von ver.di lautet: »Gleiches Recht für alle.«
So viel Stärke wie noch nie
Jetzt mobilisiert die Betriebsgruppe an der Uni für die Tarifrunde der Länder. Die Aktiven stecken viel Energie in persönliche Gespräche. »Es gilt, die Beschäftigten für ihre eigenen Interessen zu organisieren«, sagt Peter Bescherer. In der Tarifrunde zögen alle an einem Strang, ergänzt Laura Kaden, inklusive Studierende und Studentenwerk: »So eine Stärke gab es an der Uni noch nie.«
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