Unter welchen Bedingungen gelingt Digitale Lehre an Hochschulen? Was kann sie leisten, wo sind Grenzen?
Die Bundesfachkommissionen Hochschule und Studierende in ver.di haben ein ausführliches Positionspapier vorlegt, das wesentliche Eckpunkte aus gewerkschaftlicher Sicht beschreibt.
Das Positionspapier steht in der rechten Spalte zum Download bereit. Im Folgenden werden zusammenfassend einige Kernaussagen des Papiers benannt:
- Digitale Lehre kann eine wertvolle Ergänzung der Hochschulbildung sein, kann und soll Präsenzlehre aber nicht ersetzen. Studierende brauchen die Auswahlmöglichkeiten zwischen digitalen und Präsenzangeboten.
- Gute Digitale Lehre ist von einer auskömmlichen Finanzierung abhängig – dazu gehören neben der erforderlichen Technik auch Personalaufstockungen sowie gute Arbeitsbedingungen für Lehrende und unterstützendes Personal.
- Digitale Lehre kann durch eine bessere Vereinbarkeit von Studium und Betreuungs- oder Pflegeaufgaben oder notwendige Nebenjobs den Zugang zum Studium erleichtern. Digitale Lehre kann aber auch abschreckend wirken und/oder den Studienerfolg erschweren – deshalb ist gute Beratung und Betreuung wichtig.
- Da nicht alle Studierenden über eine ausreichende digitale Infrastruktur verfügen, braucht es auch entsprechende Arbeitsplätze an den Hochschulen.
- Bund und Länder sind gemeinsam in der Verantwortung für Hard- und Software, Räume und Arbeitsplätze mit entsprechender Ausstattung, zusätzliches Personal und umfassende Qualifizierung. Das BAföG muss Ausgaben für digitale Endgeräte und Internetanschluss abdecken.
- Technik-Oligopole von privaten Anbietern sind zu vermeiden und so weit wie möglich Open Source-Produkte einzusetzen. Auch digitale Lehre soll frei von kommerzieller Werbung sein.
- Hochschuldidaktische Angebote müssen dauerhaft ausgebaut werden, Digitalisierung ist ein fortlaufender Prozess. Lehrende müssen in der Entwicklung und Weiterentwicklung digitaler Formate aktiv beteiligt werden.
- Die digitale Lehre muss sich im Lehrdeputat niederschlagen – Konzeption, Vorbereitung und Betreuung erfordern einen erhöhten Aufwand.
- Die Rechte an Bild und Ton sowie an digitalem Schulungsmaterial müssen bei den Lehrenden verbleiben, die Materialien dürfen nur zum vereinbarten Zweck genutzt werden.
- Auch im digitalen Raum muss die Nicht-Öffentlichkeit von Veranstaltungen gewährleistet werden, um geschützte Räume etwa für Nachfragen oder persönliche Darstellungen zu erhalten.
- Damit die Digitalisierung nicht zu Arbeitsverdichtung und Überlastung führt, müssen Personalaufstockungen erfolgen. Neue Daueraufgaben erfordern neue Dauerstellen.
- Arbeit im Homeoffice soll allen Statusgruppe ermöglicht werden. Auch bei mobiler Arbeit müssen Pausen- und Ruhezeiten eingehalten werden. Beschäftigte haben ein Recht auf Phasen der Nicht-Erreichbarkeit. Gewerkschaften und Personalvertretungen brauchen Zugang zu digitalen Tools, um die Beschäftigten auch bei mobiler Arbeit erreichen zu können.
- Studierende müssen an der Entwicklung digitaler Formate aktiv beteiligt werden. Die Studieneingangsphase soll in Präsenz stattfinden.
- Die Digitalisierung darf nicht zu einer Zunahme von Prüfungsleistungen führen und die Kontrolle von Online-Prüfungen darf nicht zu einer Überwachung des Privatraums von Studierenden führen.
veröffentlicht/aktualisiert am 15. Juni 2022