»Es tut sich was«

Protest gegen Befristungen in der Wissenschaft: Kristin Eichhorn hat die #IchBinHanna-Bewegung mit initiiert – und zieht Zwischenbilanz.
03.04.2024
Kristin Eichhorn ist Abteilungsleiterin für Neuere Deutsche Literatur am Institut für Literaturwissenschaft an der Universität Stuttgart und bei ver.di aktiv.

Campus-Zeitung: Drei Jahre #IchbinHanna, was hat sich seither getan?

Kristin Eichhorn: Die Bilanz ist gemischt. Wir haben dafür gesorgt, dass endlich eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes – kurz WissZeitVG – in Angriff genommen wird. Doch de facto sind wir da leider immer noch nicht viel weiter. Seit Juni liegt der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in der Ressortabstimmung. Seither passiert nichts. Klar ist: Bleibt der Entwurf so, gibt es zwar ein paar kleine Verbesserungen bei der Befristungsdauer, aber am Problem selbst ändert sich nichts. Post-Docs sollen maximal vier Jahre befristet werden, danach haben sie jedoch kaum Chancen auf eine Dauerstelle. Das ist nicht in unserem Sinne.

Was hat die Bewegung bewirkt?

Unser großer Erfolg ist, dass wir eine Debatte angestoßen haben. Es gibt jetzt ein Bewusstsein dafür, dass das System verändert werden muss. Viele Hochschulen sagen inzwischen, dass sie die Situation verbessern wollen. Ob sie das auch wirklich tun, ist eine andere Frage. Doch die Rhetorik hat sich geändert, das Problem wird anerkannt. Dadurch sind die Betroffenen nicht mehr isoliert. Sie trauen sich jetzt, offen ihre Kritik zu äußern und bessere Bedingungen einzufordern. Das Wichtigste ist: Die Stigmatisierung ist weg.

Folgen daraus konkrete Verbesserungen?

Ja, vereinzelt. Die Philosophie an der Humboldt-Universität in Berlin baut ihr Institut zu einer Departmentstruktur um. Das ist ein schönes Beispiel. Es zeigt, dass auch niedrigschwellig Veränderungen möglich sind. Darüber hinaus will die Humboldt-Universität generell ein neues Personalkonzept entwickeln, um mehr Dauerstellen einzurichten. Natürlich gilt es abzuwarten, ob das funktioniert. Aber das Beispiel zeigt: Es tut sich was. Auch andere Hochschulen machen sich auf den Weg. Jedoch hängt immer von einzelnen Leuten ab, ob solche Modelle umsetzbar sind. Deshalb braucht es ein bundesweites Gesetz. Nur mit festen Quoten lassen sich Befristungen wirklich effektiv begrenzen. 

 

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