Campus-Zeitung: Wie ist es finanziell um die Hochschulen bestellt?
Prof. Dr. Tilman Reitz: Bundesweit haben die Hochschulen fast überall riesige Geldprobleme. Viele haben auf einen Globalhaushalt umgestellt, das heißt, sie erhalten ein pauschales Budget. Doch einige Landesregierungen, wie in Thüringen, übernehmen zum Beispiel die Tarifsteigerungen nicht. Oder die Hochschulen bekommen weniger Mittel, wenn die Studierendenzahlen sinken. Oder müssen noch Sanierungen stemmen. Da geraten Hochschulen schnell in Finanznot. Dabei fließt viel Geld ins System. Das Kern-
problem ist, dass eine solide Grundfinanzierung fehlt.
Mit welchen Folgen?
Die Sparpläne führen in der Regel zu einem radikalen Stellenabbau, mitunter sind ganze Institute bedroht. An der Universität Halle-Wittenberg zum Beispiel sollen fünf bis zehn Prozent der Professuren gestrichen und ganze Studiengänge abgeschafft werden. Der Stellenabbau trifft vor allem jene, die prekär beschäftigt sind und nur befristete Stellen haben. Sie erhalten plötzlich doch nicht die versprochenen Anschlussverträge. Profs mit Beamtenstatus sind in der Regel nicht akut gefährdet.
Was läuft mit der Finanzierung schief?
Nach Berechnungen des Wissenschaftsrats besteht inzwischen fast die Hälfte des Forschungsetats aus sogenannten Drittmitteln. Die Hochschulen werben extra Fördergelder ein, die jedoch zu 80 Prozent von der öffentlichen Hand kommen. In erster Linie geht es darum, mehr Geld einzutreiben, deshalb richten sich die Projekte vor allem danach, welche Themen gerade gefragt sind. Ungewöhnliche oder gewagte Fragestellungen werden eher gemieden – aus Angst, dass der Antrag nicht bewilligt wird.
Lohnen sich Drittelmittelprojekte für die Hochschulen?
Eine Projektförderung kann in einigen Bereichen sinnvoll sein, wenn zum Beispiel temporär viel Personal benötigt wird oder große Geräte angeschafft werden müssen. Aber für den Großteil der Institute bedeutet es vor allem: viel mehr Arbeit. Die allermeisten Anträge landen in der Tonne. Im Schnitt wird weniger als jedes dritte Projekt bewilligt. Hinzu kommt, dass die Drittmittel viel zu wenig die laufenden Betriebs- und Verwaltungskosten berücksichtigen. Auf Dauer stehen die Hochschulen damit finanziell schlecht da. Statt in Projekte sollte das Geld einfach in eine verlässliche Grundfinanzierung fließen, mit mehr Dauerstellen. Nur so lässt sich gute Lehre und auch Forschung gewährleisten.
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