Kürzlich hat eine Sekretärin wieder einmal zaghaft einen Anlauf gewagt: Sie habe ihrem Chef ihre Tätigkeiten aufgezählt und um mehr Geld gebeten, berichtet Antje Spliethoff-Laiser, Verwaltungsangestellte am IV. Physikalischen Institut der Universität Göttingen. »Doch reflexartig müssen sich die Kolleginnen – hauptsächlich sind es Frauen – immer rechtfertigen.« Wieso sie denken, dass sie mehr verdient haben als andere? »Da schrecken Frauen häufig zurück.« Dabei steht fest: »Eine Aufwertung unseres Berufs ist längst überfällig«, betont Antje Spliethoff-Laiser. »Dafür müssen wir den Blick weg vom Einzelbeispiel lenken, hin zum kollektiven Berufsbild.« Doch langsam tut sich was: Bundesweit vernetzen sich Sekretär*innen und machen deutlich, wie sehr sich ihre Arbeit verändert hat – und dass sie dafür mehr Geld verdienen.
So verwalten Angestellte in den Sekretariaten Drittmittelprojekte in Millionenhöhe, arbeiten mit komplexen Softwareprogrammen, sprechen fließend Englisch, kontrollieren Abrechnungen und behalten die Finanzen im Blick. »Bei vielen passt die Bezahlung überhaupt nicht mehr«, sagt Antje Spliethoff-Laiser. Auch Alexandra Kühnen, Mitglied im Vorstand der Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen (bukof), betont, wie sehr stereotype Bilder immer noch nachwirken: Eine Sekretärin kocht Kaffee und tippt Briefe. »Davon müssen wir wegkommen.« Deshalb bevorzugt sie den Begriff der Officemanagerin. Aber sie stellt klar: »Es ist nicht damit getan, den Namen zu ändern. Wir müssen an die Strukturen ran.« Frauendominierte Bereiche würden immer noch extrem abgewertet, weiblich konnotierte Tätigkeiten viel schlechter bezahlt. Die Arbeitsplätze stünden in der Hierarchie ganz unten. »Da gilt es, immer wieder gegen patriarchale Strukturen anzukämpfen.«
Um die Kolleginnen zusammenzubringen, hat die Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen eine Kampagne gestartet, mit dem Motto: »Fairnetzt euch!« Gemeinsam gelte es, strukturelle Verbesserungen durchzusetzen – nicht für einzelne, sondern für alle. A und O sei, dass sich die Frauen organisieren. Zu einer Konferenz vor fünf Jahren kamen in Göttingen über 100 Teilnehmer*innen zusammen. In der Folge gründeten sie an vielen Hochschulen lokale Initiativen und riefen jetzt ein bundesweites Netzwerk ins Leben. »Es herrscht richtige Aufbruchsstimmung«, sagt Alexandra Kühnen. »Das Thema ist jetzt sehr viel präsenter.« An vielen Hochschulen sei zu beobachten, dass ihre Kompetenzen sichtbarer würden.
An der Universität Göttingen habe eine Fakultät alle Sekretariatsarbeitsplätze unter die Lupe genommen, berichtet Antje Spliethoff-Laiser. Mit dem Ergebnis, dass die Tätigkeiten neu bewertet wurden – und alle jetzt die Entgeltgruppe 9a im Tarifvertrag der Länder erhalten. Damit verdienen sie hunderte Euro mehr. »Leider ist das absolut noch nicht die Norm.« Um wirklich für mehr Gerechtigkeit beim Entgelt zu sorgen, gelte es, sich zu organisieren. »Fest steht: Ohne Gewerkschaft geht es nicht.« Die Verwaltungsangestellte findet, dass es noch ziemlich zäh vorangeht. Aber immerhin. »Wir werden lauter.« Ihr tut es richtig gut, sich mit anderen auszutauschen und zu vernetzen. »Wir haben jetzt viel mehr Selbstbewusstsein.«
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»Es war ein langer Weg: Aber mit vereinten Kräften haben wir es an der Technischen Universität Berlin letztlich geschafft, dass die Aufgaben der Sekretariate in einer Mustertätigkeitsbeschreibung neu bewertet wurden. Das Ergebnis: Fast 70 Kolleginnen wurden bereits höher eingruppiert und erhalten jetzt mehr Geld. Weitere werden folgen, der Prozess läuft noch. Das ist ein Erfolg. Der Fachkräftemangel spielt uns in die Hände: Jetzt ist der optimale Zeitpunkt, um grundlegend etwas an der Bezahlung in den Sekretariaten zu verbessern.«
Stefanie Nickel, Vorsitzende des Personalrats und aktiv in der ver.di-Betriebsgruppe der TU Berlin
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