Tutorien fallen aus, Seminare finden nicht statt, Papierkram wird nicht erledigt, Cafeterias und Bibliotheken bleiben geschlossen – und das ist erst der Anfang. "In dieser Tarifrunde ist richtig viel Schwung drin", sagt die ver.di-Gewerkschaftssekretärin Teresa Gärtner in Jena, "deutlich mehr als sonst." Bei Beschäftigten der Universität Jena, der Hochschule und des Studierendenwerks stehen die Zeichen auf Streik. Vor allem Kolleg*innen aus Verwaltung und Lehre sind ganz vorne dabei. "Alles, was sich über die ganzen Jahre aufgestaut hat, kommt jetzt hoch." Viele von ihnen beteiligten sich zum allerersten Mal an einem Streik. Jetzt wappnen sie sich für den bundesweiten Hochschulaktionstag am Montag, 20. November 2023.
Die Beschäftigten in Jena sind gut vorbereitet. Auf den Kundgebungen halten sie stets ein großes Transparent hoch, darauf sind Fotos von über 50 Kolleg*innen des Instituts für Soziologie zu sehen, dazu die Botschaft: "Wir sind streikbereit!" Das Banner zeige: "Es geht", so die Gewerkschafterin. In der Verwaltung und in den Instituten höre sie häufig: ‚Das merkt doch niemand, wenn ich streike.‘ "Und ob", erwidert Teresa Gärtner. Die Fotos machten deutlich, dass die Beschäftigten sich gemeinsam organisieren. Arbeit bleibe letztlich in der Wissenschaft ebenso wie in der Verwaltung oder auf Station liegen. Gemeinsam könnten sie viel Druck machen
Bereits am Freitag, 10. November 2023, sind etwa 500 Beschäftigte der Universität, der Hochschule und des Studierendenwerks einem Aufruf von ver.di zu einem dreistündigen Warnstreik gefolgt. Dabei hielten sie Plakate hoch, auf denen unter anderem zu lesen war: "Mehr Lohn für uns lohnt sich". Und: "Ihr fordert 200% von uns. Wir fordern 10,5% von euch." Nur wenig später folgte am Dienstag, 14. November 2023, der erste ganztägige Warnstreik - gemeinsam mit Kolleg*innen aus den Kliniken. "Die Stimmung war großartig", berichtet die Gewerkschafterin. "Der ganze Campus war vertreten und zum ersten Mal standen sie zusammen. Das war richtig stark!" Zusammen haben die Beschäftigten sich auch ein Logo ausgedacht, ihr Motto: "Wir sind alle TV-L!"
Die Beschäftigten aus Jena steigern sich systematisch. "Immer Schritt für Schritt", sagt Teresa Gärtner, "das ist ganz wichtig, weil so viele neu dabei sind." Doch die Kolleg*innen wollten in der Tarifrunde auch viel erreichen. Dafür machen sie sich stark. Für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder fordert ver.di eine Gehaltserhöhung von 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro. Zudem einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte und 200 Euro mehr für Auszubildende.
"Kräftige Gehaltserhöhungen spielen eine große Rolle", betont die ver.di-Gewerkschaftsekretärin, "nicht nur, um mehr Geld im Portemonnaie zu haben." Sondern auch, damit der Arbeitsdruck nicht noch weiter steigt. Längst blieben in den Hochschulen und Studierendenwerken viele Stellen unbesetzt, weil die Bezahlung so schlecht sei. Lohnerhöhungen seien auch für wissenschaftliche Beschäftigte wichtig, die oft nur befristete Verträge haben. "In ihrer prekären Situation sind 500 Euro mehr viel wert."
Die Solidarität sei groß, sagt Teresa Gärtner. So erklärten zum Beispiel die Professor*innen am Institut für Soziologie an der Uni Jena öffentlich, dass sie an der Seite der Beschäftigten stehen. Als verbeamtete Dauerstelleninhaber*innen stehe ihnen nicht zu, die weniger privilegierten, größtenteils befristet beschäftigten Kolleg*innen zum Streik zu ermuntern, heißt es in der Erklärung, "aber wir sind beeindruckt von ihrer Solidaritätsbereitschaft."
Nächster Höhepunkt, kündigt die Gewerkschafterin an, werde der bundesweite Hochschulaktionstag. "Und auch für danach haben wir noch viele Ideen!"
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