Neben ihrem Studium arbeiten sie an der Hochschule, hangeln sich von Vertrag zu Vertrag, verzichten häufig auf Urlaub und melden sich nicht krank: Der Mathematik- und Informatikstudent Lorenzo Conti von der Universität Bonn weiß nur zu gut, wie schwer es studentische Hilfskräfte an Hochschulen haben. Deshalb ist für ihn wichtig, dass jemand ihre Interessen vertritt. »Wir müssen mit am Tisch sitzen, wenn Entscheidungen über unsere Arbeitsbedingungen getroffen werden«, findet der 22-Jährige.
Aktuelles Beispiel: In der letzten Tarifrunde der Länder konnte zwar noch kein Tarifvertrag für studentische Beschäftigte – kurz TVStud – durchgesetzt werden, aber eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den Gewerkschaften und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder schreibt jetzt unter anderem vor, dass ihre Verträge in der Regel mindestens zwölf Monate laufen müssen, nur in Ausnahmen kürzer. Stellt sich die Frage: Was sind Ausnahmen? Und wer sorgt dafür, dass die Regeln eingehalten werden?
Deshalb hat sich Lorenzo Conti vor wenigen Wochen auf einer ver.di-Liste in den Personalrat der Uni Bonn wählen lassen, gemeinsam mit zwei weiteren Aktiven aus der TVStud-Bewegung. »Wir halten das für eine ganz wichtige Sache«, sagt der Masterstudent. An der Uni Bonn arbeiten seinen Angaben zufolge etwa 2.000 Studierende, die meisten davon sind noch im Grundstudium. In Nordrhein-Westfalen gilt die Personalvertretung jedoch nur für studentische Beschäftigte mit einem Abschluss. Auch das war ein Grund für Lorenzo Conti, sich zur Wahl zu stellen: Er hat schon seinen Bachelor.
»Lage ist kompliziert«
Von Bundesland zu Bundesland ist unterschiedlich geregelt, ob der Personalrat für die studentischen Beschäftigten verantwortlich ist – und wenn ja: zu welchen Bedingungen. »Die Lage ist kompliziert, wie immer im Föderalismus der Bundesländer«, sagt Isabella Rogner, bei ver.di für die Studierenden zuständig. Lediglich in Berlin – und jetzt neu auch in Brandenburg – haben studentische Beschäftigte einen eigenen Personalrat, mit eigenen Wahlen und einer Amtszeit von nur einem Jahr. In den meisten Bundesländern werden ihre Mitbestimmungsrechte in der Regel mehr oder weniger eingeschränkt. So ist der reguläre Personalrat oft explizit nicht für sie zuständig oder es hängt von Vertragslaufzeiten und Beschäftigungsdauer ab. Anderswo müsste das Gremium erst beantragen, die studentischen Beschäftigten vertreten zu dürfen. Die Gewerkschafterin betont, wie wichtig die Mitbestimmung ist. »Wir können einen Tarifvertrag abschließen und viel reinschreiben, aber umgesetzt wird er vor Ort.« Ein Blick nach Berlin zeigt, wie gut es ist, wenn mit einem TVStud bessere Bedingungen gelten – und der Personalrat darauf achtet, dass sie auch eingehalten werden. Dort wissen die studentischen Hilfskräfte, dass sie keine Stunden nachholen müssen, wenn sie krank sind. Und bei der Planung der Arbeitszeit wird direkt der Urlaub berücksichtigt.
Der Vertrag von Lorenzo Conti endet in wenigen Wochen, gewählt ist er für vier Jahre. Der 22-Jährige hofft, nahtlos weiterbeschäftigt zu werden. »Sonst fliege ich aus dem Personalrat raus.« Die Hürden seien hoch. Doch für ihn steht fest: »Wenn wir etwas verbessern wollen, müssen wir an den richtigen Stellen sitzen.«
Nur in Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt werden studentische Hilfskräfte genauso wie die anderen Beschäftigten vom Personalrat vertreten. In Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen nur mit Einschränkungen: Die Mitbestimmungsrechte gelten zum Beispiel nur für einen Teil der studentischen Beschäftigten, erst ab einer bestimmten Vertragslaufzeit oder Beschäftigungsdauer oder nur auf Antrag. In Hessen, im Saarland und in Schleswig-Holstein werden studentische Hilfskräfte offiziell überhaupt nicht vom Personalrat vertreten.
Mehr Infos gibt es in der Studie "jung, akademisch, prekär"