Kirchliches Arbeitsrecht

    Streitgespräch zum »Dritten Weg«

    ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler debattiert in der Herder Korrespondenz mit der Berliner Caritas-Direktorin Ulrike Kostka über den Sonderweg beim Arbeitsrecht. Wir dokumentieren einen Auszug des von Benjamin Leven geführten Interviews und verweisen auf den vollständigen Text.
    23.05.2022
    Sylvia Bühler ist Mitglied im ver.di-Bundesvorstand und leitet den Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft

    Tatsache ist, dass die Caritas ihre Beschäftigten gut bezahlt – und das ganz ohne Arbeitskampf. Bei den kirchlichen Arbeitgebern werden die Tarife im sogenannten Dritten Weg vereinbart: In paritätisch besetzten Kommissionen, die nach dem Konsensprinzip entscheiden. Verdi möchte diesen Sonderweg der Kirchen abschaffen. Warum eigentlich?

    Sylvia Bühler: Es ist doch so: Die Arbeitsbedingungen bei der Caritas sind weitgehend deckungsgleich mit dem TVöD, dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Die Caritas schreibt das ab, was wir vorher im größten Flächentarifvertrag verhandelt haben. Es ist gut, dass ein so großer Träger diese Ergebnisse übernimmt. Aber die Caritas kann diesen Tarifvertrag nur übernehmen, weil Verdi ihn vorher durchgesetzt hat. Das ist natürlich eine bequeme Situation. Es ist aber trotzdem nicht so, dass bei der Caritas diese Tarifregelungen für alle gelten wurden. Auch bei der Caritas werden Bereiche ausgegliedert und dann wird nach Tarifen bezahlt, die für die Arbeitgeber günstiger sind. Die vielbeschworene Dienstgemeinschaft umfasst offensichtlich nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

    Ulrike Kostka: Wir haben bei der Caritas bundesweit eine 98-prozentige Tarifabdeckung. Es stimmt: Der Caritas-Tarif lehnt sich relativ stark an den TVöD an, der von Verdi mit den staatlichen Arbeitgebern verhandelt wird. Aber wir haben auch eigene Gestaltungselemente. Ein Beispiel: Bei uns können Mitarbeiter drei Tage zusätzlich freinehmen, um etwas für ihre Seele zu tun. Ich wüsste nicht, dass es so etwas bei anderen Arbeitgebern gibt. Wir haben außerdem eine hervorragende Kirchliche Zusatzversorgungskasse. Verdi kommt mit dem Brecheisen und sagt: Weg damit! Das verstehe ich nicht.

    Bühler: Auch die Zusatzversorgung orientiert sich am öffentlichen Dienst. Und ja, wir fordern für Beschäftigte in einem Betrieb, der sich von anderen Betrieben nur durch das Kreuz über der Tür unterscheidet, die gleichen Rechte. Ich bin mir sicher, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis hier der Gesetzgeber aktiv wird. Ich wurde darum den Kirchen raten, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und schnell zu agieren, bevor es andere tun. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei den Kirchen und ihren Wohlfahrtsverbanden müssen die gleichen Rechte bekommen, wie ihre Kolleginnen und Kollegen bei weltlichen Trägern. Daran darf es doch im 21. Jahrhundert nun wirklich keinerlei Zweifel geben.

    Das vollständige Interview lesen Sie hier

     

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