Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat vor, den personellen und mutmaßlich finanziellen Aufwand zu reduzieren, um den eigenen sogenannten 3. Weg zu betreiben. Eine weitere Absicht sei, damit die Lohn- und Arbeitsbedingungen anzunähern. Doch das kirchliche Änderungsvorhaben wird sich daran messen lassen müssen, inwieweit es nicht lediglich dazu beitragen soll, den kirchlichen Sonderstatus im Arbeitsrecht abzusichern oder Kosten zu senken. Ziel muss es sein, echte Verbesserungen für die Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie die Rechte von evangelisch Beschäftigten zu erreichen. Der ver.di-Kirchenfachrat hat dazu Stellung genommen.
Eine Vereinheitlichung der Lohn- und Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im Bereich der EKD ist grundsätzlich zu begrüßen. Dieses Ziel ist allerdings nicht im kirchlichen Weg über Arbeitsvertragsrichtlinien zu erreichen, die lediglich den Charakter allgemeiner Geschäftsbedingungen haben. Einheitliche Tarifregelungen erfordern eine normative Wirkung für die Beschäftigten im Geltungsbereich. Das ist ausschließlich über einen Tarifvertrag für die Evangelische Kirche in Deutschland (TV EKD) erreichbar.
Insgesamt 18 Arbeitsrechtliche Kommissionen der Landeskirchen und ihrer Diakonischen Werke dokumentieren aktuell, dass es nicht „den einen“ so genannten 3. Weg im Bereich der Evangelischen Kirche gibt. Hinzu kommen weitere vier Regionen mit Tarifverträgen zwischen ver.di und evangelischen bzw. diakonischen Arbeitgebern und deren Arbeitgeberverbänden. Vor der EKD liegt also die grundsätzliche Chance, einen neuen Weg zu beschreiten, um gute Löhne und Arbeitsbedingungen für die rund 800.000 evangelisch Beschäftigten zu regeln.
Der vorliegende Entwurf über eine Gemeinsame Arbeitsrechtliche Kommission hält allerdings ausschließlich am sogenannten 3. Weg fest und soll insbesondere der Verbilligung der kirchlichen Arbeitsrechtssetzung in der EKD dienen. Das Verfahren der kirchlichen Arbeitsrechtssetzung zielt nicht darauf und ist in der Folge ungeeignet, die betroffenen Beschäftigten demokratisch an der Gestaltung ihrer Lohn- und Arbeitsbedingungen zu beteiligen. Die vorgesehenen Regelungen des Entwurfs dienen dem Versuch, den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts von 2012 zu genügen und den sogenannten 3. Weg abzusichern. In diesem Zusammenhang sollen Gewerkschaften zwar eingebunden werden, allerdings z.B. unter Aufgabe ihrer Entscheidungsautonomie als Tarifpartei und unter Ausschluss des Streikrechts. Von freien bzw. unabhängigen Gewerkschaften kann nicht erwartet werden, ihre Grundrechte aufzugeben und sich diesen einseitig durch die Kirche gesetzten Regeln zu unterwerfen. Die Tarifautonomie ist in Deutschland ein hohes Gut und macht kirchliche Sonderregelungen obsolet.
Es ist für die EKD Zeit, vom veralteten Weg zur Regelung von Arbeitsbedingungen in Arbeitsrechtlichen Kommissionen abzulassen. Der Weg versperrt den betroffenen Beschäftigten Möglichkeiten zur breiten Beteiligung bis hin zur Mitentscheidung über Verhandlungsergebnisse. Er ist intransparent und nicht in der Lage, die strukturelle Unterlegenheit der Arbeitnehmerseite in den Verhandlungen auszugleichen. An der Gestaltung der eigenen Lohn- und Arbeitsbedingungen sind die betroffenen Beschäftigten zu beteiligen.
Diesem demokratischen Grundgedanken wird die Arbeitsrechtliche Kommission nicht gerecht. Sie ist Teil eines Systems, das ausschließlich nach einem intransparenten Stellvertretungsprinzip funktioniert und Ergebnisse erzwingen soll, statt auf einen Konsens zwischen den Verhandlungspartnern abzuzielen. Nur im Wege von Tarifverhandlungen ist es möglich, dass eine freie Gewerkschaft wie ver.di demokratische Prozesse für die betroffenen Beschäftigten organisieren kann und als unabhängige Verhandlungspartnerin Augenhöhe mit den Arbeitgebern herstellt.
Aus diesem Grunde stellen mit ver.di abzuschließende Tarifverträge die einzige Alternative dar, sofern es der Evangelischen Kirche ernsthaft um verbindliche und einheitliche Tarifregelungen geht. ver.di steht Gesprächen für die Gestaltung einer künftigen Tarifpartnerschaft offen gegenüber.
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