Noch lange hin und marginal

Neue Regelung zur Unternehmensmitbestimmung in der Diakonie wirft weiteres Schlaglicht auf fehlende demokratische Beteiligungsmöglichkeiten der Beschäftigten.
27.11.2024

Das Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche Deutschland (MVG.EKD) enthält im § 6b eine neue Regelung zur Beteiligung der Beschäftigten am Aufsichtsorgan des jeweiligen Unternehmens. Näheres solle das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung bis spätestens 2028 regeln. Das hat dieser Verband laut einer Pressemeldung des Verbands diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD) nun getan. Großzügig spricht der VdDD von »weiteren Optionen« der Mitwirkungsmöglichkeiten für die Mitarbeitenden in »bestimmten Konstellationen«.

 

Um welche Optionen handelt es sich? Bis Ende 2028 – also in vier Jahren – sollen diakonische Einrichtungen mit mehr als 500 Beschäftigten diesen ermöglichen, eine oder mehrere Personen in das jeweilige Aufsichtsgremium zu entsenden. Dies sei eine Ergänzung zu den »umfassenden betrieblichen Mitwirkungsmöglichkeiten«. Abgesehen davon, dass eine Verbandsregelung – in diesem Fall durch die Diakonie – keine Verbindlichkeit entfaltet, wirft diese Entscheidung erneut ein Schlaglicht auf die undemokratischen Zustände in Unternehmen der Diakonie. Ähnlich wie in der betrieblichen Mitbestimmung bleiben auch die Möglichkeiten der kirchlich Beschäftigten und ihrer Gewerkschaft, sich an Entscheidungen der Aufsichtsorgane zu beteiligen, weit hinter der weltlichen Gesetzgebung zurück.

Gesetzgeber ist gefragt

Es ist bekannt, dass der Arbeitgeberverband der Diakonie mit seinen 200 Mitgliedsunternehmen und 570.000 Beschäftigten kein Interesse an der Unternehmensmitbestimmung hat. Entsprechend dünn sind die Regelungen, die die Bundesdiakonie beschlossen hat. Den Beschäftigten sollen lediglich ein bis zwei Sitze in einem Aufsichtsorgan – so vorhanden – zur Besetzung vorbehalten sein. Das auch noch unter dem Vorbehalt, solange »vorrangiges Recht dem nicht im Wege steht«. Was genau damit gemeint ist, bleibt offen.

Auch mit Blick auf die Unternehmensmitbestimmung bleiben die beiden großen christlichen Wohlfahrtsunternehmungen Diakonie und Caritas also, was demokratische Beteiligungsmöglichkeiten ihrer Beschäftigten anbelangt, ein Entwicklungsgebiet. Helfen könnte der bundesdeutsche Gesetzgeber, wie ver.di und viele Zusammenschlüsse von Mitarbeitervertretungen fordern. Schließlich werden diese Unternehmen zu neunundneunzig Prozent aus Leistungen der Sozialversicherung, Steuermitteln und Zuzahlungen finanziert.

 Berno Schuckart-Witsch

 

Mitbestimmung stärken

Weitere Informationen zum Thema Mitbestimmung bietet die ver.di-Broschüre Mitbestimmungsrechte stärken, die bestellt oder hier heruntergeladen werden kann:

t1p.de/mitbestimmung-kirche

 

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