Die Bürger*innen des wachsenden Hamburger Stadtteils Wilhelmsburg mit derzeit etwa 60.000 Bewohner*innen hoffen seit Monaten auf den Erhalt ihres Klinikums. Die Forderung der Bevölkerung gemeinsam mit den Beschäftigten kann nicht missverstanden werden: Ein Krankenhaus zuständig für die Grundversorgung des Stadtteils einschließlich der hier ansässigen Großbetriebe ist zwingend erforderlich. Wer wollte dem widersprechen? Jedenfalls nicht die Parteien der Hamburger Bürgerschaft, wie auf einer gut besuchten Stadtteilveranstaltung der ver.di-Betriebsgruppe, der Aktion »Groß Sand bleibt« und des Vereins »Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg« am 14. September 2021 deutlich wurde.
Aber die Realität ist anders
Wer meint, der Hamburger Senat und das Erzbistum Hamburg würden sich dieser Forderung anschließen, sieht sich getäuscht. Zwar scheint jetzt klar, dass die ökumenische Bietergemeinschaft aus dem Konzern Immanuel Albertinen Diakonie und die St. Franziskus Stiftung Münster derzeit über eine Übernahme verhandeln. Aber mehr als die übliche Botschaft »man verhandele ernsthaft« wurde in der Pressemeldung des Erzbistums Hamburg vom 2. September 2021 nicht mitgeteilt.
So ist es mehr als verständlich, wenn die ver.di-Betriebsgruppe vehement den Erhalt und den Ausbau des jetzigen Klinikums fordert. Seit Jahren wurde wenig bis nichts in das Krankenhaus investiert. Die Mitarbeiterschaft hat auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichtet, honoriert wurde es nicht. Jetzt besteht die Gefahr, dass ein großer Konzern wie die Immanuel Albertinen Diakonie das Krankenhaus Groß Sand zu einem »Fassaden«-Krankenhaus austrocknet und unter rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Übernahme erfolgt. Wie so oft stehen weder die Erfordernisse der Bevölkerung, noch die der betroffenen Belegschaft im Mittelpunkt. Schon jetzt hat diese Situation Folgen: Mitarbeiter*innen verlassen frustriert das Haus, Mehrarbeitsstunden häufen sich und hohe Krankenstände entstehen auf Grund psychischer und körperlicher Belastung.
Transparenz: Fehlanzeige
Das Vertrauen in die derzeitigen Verhandlungen seitens der Beschäftigten ist gering. Der Grund dafür ist, dass die Verantwortlichen der Katholischen Kirche, die ökumenische Bietergemeinschaft sowie die Gesundheitsbehörde die Zukunft des Krankenhauses Groß Sand als Geheimsache verhandeln. Fragen der Arbeitnehmer*innen und Bürger*innen werden schlicht nicht beantwortet. Hinzu kommt, dass die katholische Mitarbeitervertretungsordnung keine angemessenen Beteiligungsrechte bei Betriebsübernahmen vorsieht. Aber auch die MAV der evangelischen-freikirchlichen Albertinen Diakonie in Hamburg ist bislang über ihre Beteiligung durch den Arbeitgeber unzufrieden.
Betriebsgruppe gegründet
Alternativlos bleibt die gewerkschaftliche Organisierung der betroffenen Arbeitnehmer*innen, um ein Minimum an Beteiligung einzufordern. Das ist keine neue Erkenntnis, jedoch insbesondere in katholischen Einrichtungen noch nicht überall eine Selbstverständlichkeit. Umso erfreulicher ist es, dass Beschäftigte des Krankenhauses eine ver.di-Betriebsgruppe gegründet haben, die nun aktiv für den Erhalt des Betriebs kämpft.
Dieser Artikel ist im Kirchen.info Nr. 38 erschienen.