»Jetzt ist die Zeit« Dieses Motto des 38. Deutschen Evangelischen Kirchentags vom 7. bis 11. Juni in Nürnberg passt gut zum Thema kirchliches Arbeitsrecht: Es ist höchste Zeit, den etwa 1,8 Millionen Beschäftigten von Kirchen, Diakonie und Caritas die gleichen Arbeitsrechte zuzugestehen wie Arbeitnehmer*innen in weltlichen Betrieben. Das sieht offenbar auch die überwältigende Mehrheit der Kirchentagsbesucher*innen so, worauf eine Kurzbefragung am ver.di-Infostand in Nürnberg hindeutet. Von den über 260 Befragten sprachen sich fast 95 Prozent dafür aus, dass kirchlich Beschäftigte die gleichen Rechte haben sollten wie alle anderen.
Die große Mehrheit der Besucher*innen findet es zudem falsch, dass die Kirchen versuchen, ihren Beschäftigten das Streikrecht abzusprechen (86 Prozent) und ihnen schwächere Mitbestimmungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz als in nichtkirchlichen Betrieben zubilligen (84 Prozent). Etwas weniger, aber immer noch mehr als drei von vier Besucher*innen, hält es für falsch, dass Beschäftigte gekündigt werden können, wenn sie zum Beispiel aus der Kirche austreten (75 Prozent). In den Gesprächen zeigte sich, dass die Besucherinnen und Besucher des Kirchentags dabei zwischen Tätigkeiten in wirtschaftlich betriebenen und zum Beispiel Tätigkeiten in erzieherischen Einrichtungen differenzieren.
Insgesamt war der großen Mehrheit der Besucher*innen am ver.di-Infostand grundsätzlich bekannt, dass es für die Kirchen im Arbeitsrecht Ausnahmen und Besonderheiten gibt (82 Prozent), obwohl sich Krankenhäuser, Pflegeheime und andere Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft fast ausschließlich aus staatlichen Geldern finanzieren. Auch diese Tatsache ist knapp 77 Prozent der Befragten bewusst.
Die Befragungsergebnisse sind statistisch nicht repräsentativ. Dennoch machen sie sehr deutlich, wie die Menschen zu den kirchlichen Sonderrechten im Arbeitsrecht stehen. Auch die Besucher*innen des Kirchentags sehen diese in ihrer großen Mehrheit kritisch – ein Befund, der den Kirchenoberen zu denken geben sollte.
»Jetzt ist die Zeit«, sagen sich daher auch Beschäftigte und ver.di, die mit einer Petition an den Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und die Bundestagsabgeordneten der Ampelfraktionen das Ende der Diskriminierung von kirchlich Beschäftigten fordern. Es ist Zeit für gleiches Recht für kirchlich Beschäftigte. Auf dem Kirchentag in Nürnberg haben 300 Menschen die Petition mit ihrer Unterschrift unterstützt. Viele haben Unterschriftenlisten und Postkarten mitgenommen, über deren QR-Code die direkte Beteiligung an der Onlinepetition per Smartphone möglich ist.
Zu den Unterzeichner*innen zählt ab sofort auch die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack, die den ver.di-Infostand beim Kirchentag besuchte. Auch die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, Petra Pau informierte sich über die Initiative und bekräftigte, dass ihre Partei Die Linke die Forderungen nach gleichen Rechten seit langem unterstützt. Einige ver.di-Kolleginnen sind zudem mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Kerstin Griese ins Gespräche gegangen, um sie für die Petition zu gewinnen. Leider war die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales und Mitglied des Rates der Evangelischen Kirche Deutschlands dafür nicht zu gewinnen. Einigkeit bestand in der Frage, dass die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten in kirchlichen Betrieben gestärkt werden müssten.
Unterschriftenlisten zur Petition können hier als PDF zum Selbstausdruck heruntergeladen werden. Postkarten sind kostenfrei von ver.di erhältlich.