Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat vor die so genannten besonderen Loyalitätspflichten an Arbeitnehmer*innen zu verändern. Dahinter verbirgt sich z.B. inwieweit evangelische Arbeitgeber von Bewerber*innen eine bestimmte Konfession verlangen, von Beschäftigten inner- und außerhalb ihrer Arbeit ein bestimmtes Verhalten verlangen oder gar eine Kündigung aussprechen können, sofern Arbeitnehmende aus der Kirche austreten. Dafür hat die Evangelische Kirche im Frühjahr 2023 einen Entwurf für ein Kirchengesetz vorgelegt, das künftig diese besonderen Anforderungen an eine berufliche Mitarbeit in der Evangelischen Kirche bzw. deren diakonischen Einrichtungen regeln soll. Der ver.di-Kirchenfachrat hat dazu kritisch Stellung genommen, weil es sich bei den geplanten kirchlichen Regelungen um sensible Eingriffe in die Grundrechte der Beschäftigten handelt. Sie dienen vor allem der Absicherung des eigenen Sonderstatus im Arbeitsrecht, da die höchstrichterlichen Rechtsprechungen in den vergangenen Jahren zu Gunsten der Arbeitnehmenden ausgingen.
Die evangelische Kirche ist hinsichtlich der Loyalitätspflichten und Anforderungen an die Konfession ihrer Beschäftigte augenscheinlich trotz der Rechtsprechung weiterhin nicht bereit, die Schranken der für alle geltenden Gesetze nach BGB, AGG und EU-Recht zu akzeptieren. Deshalb ist der Gesetzgeber gefordert. Die Ampelregierung aus SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP hat sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, das kirchliche Arbeitsrecht hinsichtlich einer Angleichung an das staatliche Arbeitsrecht prüfen zu wollen. Dazu gehören auch die Diskriminierungsprivilegien kirchlicher Arbeitgeber aus § 9 AGG. Die derzeitige nationale Regelung geht weiter als es das EU-Recht zulässt. Der deutsche Gesetzgeber darf die Regelung so nicht bestehen lassen, sondern muss sie EU-rechtskonform ausgestalten, am besten ersatzlos streichen.
Der jetzt vorliegende Entwurf der so genannten Mitarbeits-Richtlinie geht nicht auf inneren Reformwillen der Kirche zurück, sondern ist der Ergebnis des Handlungsdrucks der Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und in der Folge das Bundesarbeitsgerichts (BAG) 2018. In dem Verfahren wurde zu Gunsten einer Bewerberin entschieden, die sich wegen ihrer Konfessionsfreiheit vom Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung als potentiellem Arbeitgeber diskriminiert gesehen hat. Der EuGH hatte geprüft, inwieweit der kirchliche Arbeitgeber hinsichtlich der Konfession der Bewerberin eine wesentliche, gerechtfertigte und rechtmäßige Anforderung in Bezug auf den ausgeschriebenen Arbeitsplatz gestellt hat. Die Überprüfungsgrundlage dafür ist die europäische Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/78/EG). In der Folge hat sich die nationale Sonderregelung für Religionsgemeinschaften im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (vgl. § 9 AGG) jedenfalls teilweise als nicht EU-rechtskonform erwiesen. Deshalb und weil die Evangelische Kirche mit dem vorliegenden Entwurf zur Mitarbeits-Richtlinie belegt, dass sie auch weiterhin nicht bereit ist, die Rechte ihrer Beschäftigten zu stärken, muss der Gesetzgeber handeln.
Das fordert die gewerkschaftliche Initiative kirchlich Beschäftigter „Gleiches Recht“ mit einer Petition an die Ampelfraktionen der Bundesregierung und von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Jetzt unterzeichnen und weiterverbreiten: Gleiches Recht für kirchlich Beschäftigte
Die vollständige Stellungnahme steht hier als Download zur Verfügung.