»Die Tarifauseinandersetzung im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst geht uns alle an«, betont Martin Auerbach, der als Jugend- und Heimerzieher sowie Mediator bei der Stiftung Jugendhilfe aktiv in Esslingen arbeitet. Die zur Württemberger Diakonie gehörende Einrichtung hat zwar eine sogenannte Tarifautomatik, wodurch im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) erkämpfte Entgelterhöhungen automatisch in die kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien übertragen werden. Doch gilt dies nicht für die Forderungen nach Aufwertung und Entlastung, die ver.di bei den laufenden Verhandlungen im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst auf die Agenda gesetzt hat. »Die Ergebnisse müssen deshalb nochmal in der kircheninternen Arbeitsrechtlichen Kommission beraten werden. In den vergangenen Jahren ist es uns aber immer gelungen, die Verbesserungen aus dem TVöD vollständig zu übernehmen«, berichtet Auerbach. Anders als in reinen Lohnrunden können er und seine Kolleg*innen in der Diakonie Württemberg deshalb nicht in einen Partizipationsstreik treten. Die Möglichkeit, sich in der Freizeit an den Protestkundgebungen zu beteiligen, steht aber allen offen – und wird vielfach genutzt.
Die ersten Aktionen sind gut angelaufen. Am 7. März beteiligten sich die Diakonie-Beschäftigten des Sozial- und Erziehungsdienstes im Südwesten an aktiven Mittagspausen, während ihre kommunalen Kolleg*innen ganztägig die Arbeit niederlegten. Am folgenden Tag, dem Internationalen Frauentag, waren rund 300 Beschäftigte aus diakonischen Einrichtungen bei der zentralen Kundgebung in Stuttgart dabei, die auch von vielen feministischen Initiativen unterstützt wurde. »Das ist eine sehr gute Beteiligung, besonders die Aktiven von der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart haben hervorragend mobilisiert«, bilanziert Auerbach, der sich als Mitarbeitervertreter und bei ver.di engagiert. »Im gesamten Sozial- und Erziehungsdienst müssen sich die Bedingungen verbessern – unabhängig von der Trägerschaft. Sonst dreht sich das Karussell aus Überlastung, Berufsflucht und mangelnder Versorgungsqualität immer schneller. Ich verstehe nicht, warum die Arbeitgeber sehenden Auges gegen die Wand fahren.«
Auch bei der zweiten Verhandlungsrunde am 21. und 22. März hat die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) noch keine konkreten Angebote vorgelegt. Am 16./17. Mai soll die dritte und entscheidende Verhandlungsrunde in Potsdam stattfinden. Bis dahin wollen die ver.di-Aktiven bei den Streiks und Protesten noch einige Schippen drauflegen. Am 6. April machten Beschäftigte nicht direkt an den TVöD gebundener Einrichtungen mit bundesweiten Aktionen deutlich, dass sie hinter den ver.di-Forderungen stehen und die Übertragung aller Verbesserungen auf das gesamte Sozial- und Erziehungswesen erwarten.
veröffentlicht/aktualisiert am 31. März 2022