Die Servicekraft Manuela Guba und der Krankenpfleger Gregor Engel versorgen seit Jahren gemeinsam die Patient*innen in der Akutpsychiatrie des Jüdischen Krankenhauses in Berlin. Nun soll Manuela Guba entlassen und durch Leihbeschäftigte ersetzt werden.
von Daniel Behruzi
Manuela Guba ist am Boden zerstört. Seit 20 Jahren arbeitet sie am Jüdischen Krankenhaus Berlin, erst für wechselnde Fremdfirmen, seit fünf Jahren als festangestellte Servicekraft auf einer akutpsychiatrischen Station. Doch am 1. Februar soll Schluss sein: Manuela Guba wurde gekündigt, weil ihre Stelle nicht mehr über das sogenannte Pflegebudget voll refinanziert wird. Stattdessen sollen künftig Beschäftigte von Fremdfirmen zum Einsatz kommen, die monatlich fast 500 Euro weniger verdienen. Das ganze Team ist entsetzt – und stinksauer.
Seit zwei Jahrzehnten steht Manuela Guba jeden Arbeitstag um zehn nach drei auf. So schafft sie es, bis halb sechs aus Schöneweide zum Jüdischen Krankenhaus am Berliner Gesundbrunnen zu kommen. Ihre Schicht beginnt um sechs, aber sie ist stets eine halbe Stunde früher da – man kann ja nie wissen.
»Ich habe immer sehr gerne gearbeitet, mit den Patienten und Kollegen, ich kann mir das anders gar nicht vorstellen«, sagt die Servicekraft, die im Januar 63 wird. Sie wollte bis zur Rente und darüber hinaus am Jüdischen Krankenhaus bleiben. Aber das wird jetzt wohl nichts. Die Klinikleitung hat ihr und mehr als 70 anderen Service- und Hilfskräften die Kündigung geschickt. Der Grund: Ab dem Jahreswechsel können sie nicht mehr über das sogenannte Pflegebudget abgerechnet werden. Deshalb sollen sie durch billigere Leihbeschäftigte ersetzt werden. Manuela Guba ist eine Stelle in der Fremdfirma angeboten worden – für 13,50 Euro die Stunde, deutlich weniger als sie aktuell verdient. »Das kommt für mich nicht in Frage«, stellt die Servicekraft klar. Mit Unterstützung ihrer Gewerkschaft ver.di hat sie Kündigungsschutzklage eingereicht.
»Ganz furchtbar« findet ihr Kollege Gregor Engel die Situation. »Manuela ist eine extrem zuverlässige, freundliche Person. Es ist eine Freude, sie da zu haben – und wichtig für die Patientinnen und Patienten«, betont der Gesundheits- und Krankenpfleger. Sie räumt auf, entsorgt den Müll, bestellt das Essen und teilt es aus, reinigt die Betten und vieles mehr. »Alles Dinge, für die die Pflege überhaupt keine Zeit hat, wenn wir im Spätdienst zu zweit für bis zu 26 betreuungsintensive Patienten da sind«, erklärt Gregor Engel. Dass wechselnde Beschäftigte von Fremdfirmen die festangestellten Servicekräfte richtig ersetzen können, hält er für ausgeschlossen. »Sie wissen genau, wie der Laden läuft, können den Materialbedarf abschätzen, sind verlässliche Ansprechpartnerinnen für die Patienten«, sagt der 37-Jährige. »Wir sind ein eingespieltes Team. Und das soll zerschlagen werden, um angeblich ein paar Euro zu sparen? Da läuft grundlegend etwas schief.«
Die Klinikleitung habe zwar versprochen, dass die Pflege nicht zusätzlich belastet werde, doch schon jetzt machten sich die Folgen bemerkbar, weil frei werdende Stellen nicht neu besetzt und Ausfälle nicht ausgeglichen werden. »Gestern musste ich die vier Stationen alleine machen«, berichtet Manuela Guba. »Die Pflegekräfte haben mich toll unterstützt. Aber das ist ja eigentlich nicht das, was sie machen sollen.«
Für Gregor Engel zeigt sich darin eine grundlegende Fehlentwicklung. Das Jüdische Krankenhaus habe mit über 50 Millionen Euro einen Neubau finanziert – Geld, das für die Krankenversorgung gedacht ist und eigentlich von der Landesregierung übernommen werden müsste. »Beschäftigte und Patienten sollen die verfehlte Krankenhauspolitik ausbaden«, kritisiert der Krankenpfleger. »Das ganze System ist krank.«
Gegen Kündigung klagen – wie geht das?
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