»Wertschätzung sieht anders aus«

Auszahlung des Pflegebonus‘ sorgt für Frust: Viele Beschäftigte im Gesundheitswesen gehen dieser Tage leer aus. ver.di fordert strukturelle Verbesserungen für alle.
02.12.2022


Der Frust ist riesig: Der Pflegebonus soll den großen Einsatz von Pflegekräften während der Corona-Pandemie würdigen, doch viele Beschäftigte blicken in diesen Tagen ratlos auf ihr Konto: Wieso gehen sie leer aus? "Aktuell kommt der Pflegebonus in den Krankenhäusern zur Auszahlung", berichtet Grit Genster, Bereichsleiterin Gesundheitswesen/Gesundheitspolitik bei ver.di, „und sehr viele Kolleginnen und Kollegen fragen bei den ver.di-Bezirken nach, warum sie den Bonus nicht erhalten haben.“ Was eigentlich als Zeichen von Anerkennung und Dankbarkeit gedacht ist, bedeutet für sehr viele Beschäftigte einen Schlag ins Gesicht. "Sie sind zu Recht enttäuscht von der Politik", betont Grit Genster. "Wertschätzung sieht anders aus."

Schon sehr früh habe ver.di davor gewarnt, die Fehler bei der Coronaprämie zu wiederholen, so die Gewerkschafterin. "Alle Beschäftigten im Gesundheitswesen haben während der Pandemie bis zur Erschöpfung gearbeitet und einen Bonus mehr als verdient." Doch wieder werden zahlreiche Kolleginnen und Kollegen davon ausgeschlossen. So wird die Prämie generell nur an Pflegefachkräfte bezahlt, die im vergangenen Jahr mindestens 185 Tage im Krankenhaus beschäftigt waren. "Damit bleiben viele junge Kolleginnen und Kollegen außen vor, die vorher teilweise noch in der Ausbildung waren." Ferner erhalten Intensivpflegekräfte den anderthalbfachen Betrag, aber nur unter der Bedingung, dass sie eine Fachweiterbildung für Intensivpflege und Anästhesie abgeschlossen haben. Keinen Cent gibt es für Beschäftigte von Leiharbeitsfirmen, Dialysestationen, Psychiatrien, Reha-Kliniken, Reinigung, Laboren, Rettungsdienst, Behindertenhilfe und vielen weiteren Bereichen. "Ihre enorme Leistung während der Pandemie gilt es genauso wertzuschätzen."

Schon zu Beginn der Debatte hatte ver.di klar gemacht, dass eine Milliarde Euro hinten und vorne nicht reicht, um die besonderen Belastungen der Beschäftigten im Gesundheitswesen finanziell zu würdigen. Doch trotz aller Kritik bestand der Bundestag darauf, die Auszahlung eng zu begrenzen. "Das ist ungerecht", sagt die Bereichsleiterin, "und führt erneut zu großem Unfrieden in den Betrieben." Bereits beim letzten Coronabonus waren viele Beschäftigte außen vor geblieben. Damals war den Einrichtungen selbst überlassen, wie sie das Geld verteilten. Der Unmut darüber war so groß, dass die Bundesregierung diesmal klare Kriterien festlegte. "Aber von einer Wertschätzung für alle kann leider immer noch keine Rede sein", meint Grit Genster.

Die Gewerkschafterin betont, dass dafür strukturelle Verbesserungen notwendig sind. Schön und gut für alle, die den Pflegebonus erhalten. "Aber es ist lediglich eine einmalige Anerkennung, nicht weniger, aber auch nicht mehr." Statt Einmalzahlungen für wenige, brauche es grundlegende Verbesserungen für alle. Es gelte, die Bedingungen im Gesundheitswesen strukturell zu verbessern und die Arbeit der Beschäftigten nachhaltig aufzuwerten, sagt Grit Genster. ver.di setzt sich ein für eine gute Bezahlung, bessere Arbeitsbedingungen und eine auskömmliche Finanzierung im Gesundheitswesen.

Bei Fragen zum Pflegebonus können sich Mitglieder an die ver.di-Bezirke wenden.

veröffentlicht/aktualisiert am 2. Dezember 2022

 

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Kontakt

  • Grit Genster

    Be­reichs­lei­te­rin Ge­sund­heits­we­sen/­Ge­sund­heits­po­li­tik

    030/6956-1810

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