Psychiatrie

Fachverbände präsentieren Konzept

25.02.2019

In der Ausgabe 1/2019 der Fachzeitschrift „Der Nervenarzt“ hat eine Arbeitsgruppe zahlreicher psychiatrischer Fachverbände und -gesellschaften („Plattform“) ein Konzept zur Neufassung der Personalbemessung in der stationären Psychiatrie vorgestellt.

Damit beziehen die Verbände Position zur anstehenden Neugestaltung der Personalvorgaben durch eine G-BA-Richtlinie, die die bisher geltende PsychPV ablösen sollen. Angesichts des bevorstehenden Auslaufens der durch den Gesetzgeber gesetzten Fristen (30.9.2019 Verabschiedung einer Richtlinie, 1.1.2020 ihr Inkrafttreten) und der Geheimhaltung, mit der der Prozess der Entwicklung dieser Richtlinie im Gemeinsamen Bundesausschuss umgeben wird, ist der Schritt der Plattform, mit dieser Publikation die öffentliche Debatte um die Personalbemessung wieder in Gang zu setzen, sehr zu begrüßen. ver.di hat mit dem Positionspapier PsychPVplus schon vor längerer Zeit eigene Prüfsteine vorgelegt. Ein daran orientierter ausführlicher Kommentar zum Plattform-Modell findet sich nebenstehend. 

Das Modell der Plattform berücksichtigt verschiedene Grundanforderungen, aus denen sich der Personalbedarf ergibt: neben der erforderlichen Behandlungs- und Versorgungsleistungen umfassen diese den Schutz der Patienten selbst, der Mitpatient*innen sowie der Beschäftigten, sowie einen adäquaten  Umfang von Psychotherapie sowie die (psychosoziale) Vorbereitung auf den Übergang in einem ambulante Behandlung. Eine deutliche Abgrenzung nimmt das Konzept zum Begriff der „Untergrenzen“ vor, die „im Sinne einer verwahrenden Psychiatrie lediglich die Not abwenden und die leibliche Sicherheit des Patienten gewährleisten“. Das Beharren auf einer Personalausstattung, die es ermöglicht, die medizinisch und pflegerisch notwendige Diagnostik, Therapie und Versorgung durchzuführen, ist sehr zu begrüßen.

An zahlreichen Stellen sind Regelungen, die Charakter und Wirkungsweise des Konzepts entscheidend beeinflussen können, noch nicht adressiert oder konkretisiert, so z.B. Tätigkeitsprofile und Aufgabenbeschreibungen, Mindestbesetzungen, die Einbeziehung von Nacht- und Wochenenddiensten, Abbildung von Personalbedarfen für 1:1-Betreuungen, die Einbeziehung aller im Krankenhaus vorhanden Settings inklusive ambulanter Behandlungformen wie StäB, sowie die Abbildung aller relevanten Berufsgruppen, z.B. auch von Psychologischen Psychotherapeut*innen, PiAs  bzw. der zukünftigen Berufsbilder nach der Reform des Psychotherapeutengesetzes, Berechnung von Ausfallzeiten sowie die Umsetzung, Kontrolle und ggf. Sanktionsmöglichkeiten bei Nichteinhaltung der Personalvorgaben. Eine schwierige und noch teilweise ungelöste Frage ist die Sicherstellung von Qualifikation und Fachlichkeit. Der vorgeschlagene Bezug auf den Deutschen Qualifikationsrahmen, um eine „Kaskadendelegation“ zu vermeiden, wird von ver.di als problematisch eingeschätzt.

Eine abschließende Bewertung ist deshalb noch nicht möglich.

Für ver.di ist klar: Aufgrund der gestiegenen Anforderungen ist ein Personalaufwuchs in praktisch allen Berufsgruppen notwendig, dieser muss anhand der konkreten Aufgaben und unter Berücksichtigung arbeitsorganisatorischer und arbeitsrechtlicher Faktoren beziffert werden.

Mit dem Konzept hat die Plattform einen Einstieg in eine konstruktive Debatte geliefert. Allerdings kann es in den nächsten Monaten nicht nur um eine Verständigung über das Sinnvolle, sondern muss auch um dessen Durchsetzung gehen. ver.di und die PsychPVPlus-Botschafter*innen rufen dazu auf, eine klare Botschaft an die Selbstverwaltung zu senden, dass Beschäftigte, Patient*innen, Angehörige und Öffentlichkeit eine klare Erwartung haben, dass die PsychPVplus jetzt kommen muss.

 

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