Wenn Patientinnen und Patienten akut selbst- oder fremdgefährdend und aggressiv, muss in der Psychiatrie im Einzelfall zu Zwangsmaßnahmen gegriffen werden: Festhalten, isolieren, bis hin zu Zwangsfixierungen. Solche Maßnahmen können durch eine angemessene, respektvolle Behandlung und ein Eingehen auf die Patient/innen sehr häufig vermieden werden. Allerdings braucht diese die nötige Zeit, Ruhe und Fachqualifikation – und daher genügend fachlich qualifiziertes Personal.
In Situationen, in denen es dennoch zu einer Zwangsfixierung kommt, ist in den meisten Bundesländern inzwischen eine sogenannte 1:1-Betreuung vorgesehen, also die ständige Anwesenheit einer Fachperson, sowohl zur Sicherheit des/der Patient/in als auch, um deeskalierend auf diese/n einzuwirken und auf ein möglichst baldige Beendigung der Zwangsmaßnahme hinzuarbeiten. Allerdings wird diese häufig von nicht ausreichend qualifizierten Personen durchgeführt. Berichte sprechen von Studierenden, Pflegehelfer/innen, sogar Auzubildenden.
Hier hat die Bezirksregierung Münster nun erfreulich klare Worte gesprochen. In einem Schreiben an die Krankenhäuser des Bezirks weist sie ausdrücklich darauf hin, dass nur examinierte, dreijährig ausgebildete Pflegekräfte als Fachkräfte anzusehen sind. Ebenfalls zulässig sei die Betreuung durch Personen mit einem Abschluss einer Ausbildung bzw. eines Studiums aus den Professionen der sozialen Arbeit, der Sozialpädagogik, andere medizinische Heilberufe, Psychotherapie oder der Medizin. Nicht zulässig laut Gesetz hingegen: Der Einsatz von Pflegehelfer/innen oder Studierenden. Besuchskommissionen hatten darauf hingewiesen, dass diese Vorgaben nicht überall eingehalten wurden.
Die Entscheidung ist als Stärkung der Fachlichkeit und damit im Sinne einer guten Versorgung auch in Extremsituationen zu begrüßen. Es steht zu hoffen, dass andere Ausichtsbehörden ähnlich klare Worte finden. Umgesetzt werden kann diese Vorgabe allerdings nur dann, wenn das dafür notwendige Personal in die Personalplanung mit einberechnet und auch von den Krankenkassen entsprechend finanziert wird. Anderenfalls ist zu befürchten, dass Personalkapazitäten von anderen Patient/innen abgezogen werden.
In einer neuen Personalbemessung für die Psychiatrie ist genügend Personal vorzusehen, um die Versorgung so zu gestalten, dass Zwangsmaßnahmen weitestgehend vermieden werden können und im Fall, dass sie doch zur Anwendung kommen die Betreuung durch Fachpersonal jederzeit gewährleistet werden kann. Das gebietet der Anspruch, Psychiatrie menschenwürdig zu gestalten.
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