Rettungsdienst

Belastungen im Rettungsdienst

27.07.2017
Infopost Rettungsdienst

Die Belastungen im Rettungsdienst sind nicht losgelöst von den Entwicklungen im gesamten Gesundheitswesen. Es findet eine Ökonomisierung der Hilfsorganisationen und des Rettungsdienstes insgesamt statt. Die führt zu verstärktem Wettbewerb innerhalb einer Hilfsorganisation und untereinander - auch um bereits vergebene Rettungsdienstgebiete – und zu erhöhtem Kostendruck. Da die Personalkosten im Rettungsdienst ca. 75% betragen, wird dies an die Beschäftigten weitergegeben – oft in Form von Arbeitsverdichtung und Ausdehnung der Arbeitszeit.

Arbeitssituation

Eine Auswertung nach dem DGB-Index „Gute Arbeit“ für den Rettungsdienst zeigt: Wen es für den Rettungsdienst gepackt hat, den halten die Identifikation und die Kollegialität, möglicherweise auch fehlende oder vermeintlich nicht vorhandene Alternativen dabei. All dies trotz schlechter Bezahlung, hohen körperlichen und emotionalen Anforderungen und Belastungen durch die Arbeitszeitgestaltung und die Arbeitsintensität. Arbeiten zu jeder Tages- und Nachtzeit sowie lange Arbeitszeiten belasten stark.

Die Arbeit im Rettungsdienst ist belastend – und zwar sowohl auf den Land- als auch auf den Stadtwachen. Sie tritt nur in unterschiedlicher Form auf.

Rettungsdienst in der Stadt

Einsätze in ununterbrochener Folge lassen kaum Zeit für Pausen. Notfälle und normale Krankentransporte wechseln in schneller Folge ohne Zeit, Geschehnisse zu verarbeiten oder sich ordentlich auf den nächsten Einsatz vorzubereiten. Der nächste Einsatz wartet schon und die Leitstelle drängt. Pünktlicher Feierabend ist Glückssache, zu viele Einsätze liegen noch vor, die schon seit Stunden auf Erledigung warten. Ein hoher Krankenstand bringt viele kurzfristige Dienstwechsel und Überstunden mit sich. Wenig freie Wochenenden und Abende sind Gift für Familienleben, Vereinsleben und Freunde.

Rettungsdienst auf dem Lande

Lange Wege, überlange Arbeitszeiten und viel Verantwortung prägen den Alltag. Die Einsätze dauern wegen der Entfernungen oft stundenlang und verhindern oft einen pünktlichen Feierabend. Diese Belastungen gilt es anzugehen – denn Arbeit darf nicht krank machen!

 

Durch den Schichtdienst gibt es eine hohe familiäre Belastung sowie eine zunehmende soziale Isolation (z.B. kaum Möglichkeiten an Musikgruppen, Mannschaftssportarten und Kursen regelmäßig teilzunehmen). Auch die gesellschaftliche Teilhabe ist eingeschränkt, da es etwa kaum möglich ist, politische Mandate zu übernehmen. Da es kein durchgehendes 3-Schichtsystem gibt, ist die Unregelmäßigkeit des Schlafes extrem, was Schlafstörungen hervorruft.

Wolfram Seidel, Rettungssanitäter bei der Johanniter-Unfall-Hilfe

Was tun?

Beschäftigte sind gestresst und insbesondere psychische Belastungen nehmen zu. Das will ver.di gemeinsam mit den Beschäftigten ändern. Arbeit darf nicht krank machen, wir kämpfen für gute Arbeitsbedingungen. Das ist im Interesse der Beschäftigten und auch der Patienten. Denn gute Arbeit braucht gute Arbeitsbedingungen.

Wir unterstützen die betrieblichen Interessenvertretungen bei ihren Aktivitäten im Gesundheits-und Arbeitsschutz. Was können die dem zum Schutz der Beschäftigten entgegensetzen? Ganz wichtig ist, dass hier die Mitbestimmungsrechte wahrgenommen werden. Im Rettungsdienst ist es gerade die Arbeitszeit, die belastet. Mitbestimmungspflichtig ist vieles: Wie liegen die Schichten, was ist mit Überstunden, wann bekomme ich Urlaub usw. usf. Da kann man als Betriebs- oder Personalrat schon einiges erreichen.

Aber wir wollen die drängendsten Fragen auch im Tarifvertrag angehen. Die Ausdehnung der Arbeitszeit über Arbeitsbereitschaft muss zurückgefahren werden – weg mit den 48 Stunden in der Woche! Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen wir aber auch den Rückenwind der Beschäftigten.

Diskutiert die Frage der Arbeitsbereitschaft mit euren Kollegen auf der Wache! Organsiert euch und werdet aktiv, damit wir es gemeinsam schaffen, von den langen Wochenarbeitszeiten weg zu kommen.

  • Aufgrund eines Initiativantrags des Personalrats wurde ein elektrisch betriebener Raupenstuhl beschafft, um damit schwere Patienten bis zu 227 kg die Treppe hinauf zu transportieren. Auf dem Fahrzeug, das diesen Stuhl mitführt, werden Kolleg/innen eingesetzt, die eingeschränkt und/oder älter sind. Bei Bedarf kann das Fahrzeug immer nachgefordert werden.
    Norbert Jahn, Rettungsassistent beim BRK

  • Besonders belastend sind die Zwölf-Stunden-Schichten - vor allen im Sommer bei über 30 Grad. Positiv sehe ich daher unser Schichtmodel mit den Acht-Stunden Schichten in der Woche und einer Neun-Stunden-Schicht am Freitag im Spätdienst sowie am Wochenende mit Elf-Stunden-Schichten.
    Waldemar Lutter, Rettungsassistent, arbeitet fast 40 Jahre im Rettungsdienst

  • Wir müssen viel zu schwer tragen. Zum Vergleich: Ein modernes Rennrad wiegt 3 kg, unser Tragestuhl 21 kg! Daher brauchen wir Auffahrrampen im Krankentransportwagen.
    Wolfram Seidel, Rettungssanitäter bei der Johanniter-Unfall-Hilfe