Was die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) partout nicht wollte, wird bei anderen Trägern zunehmende Realität: die Verkürzung der Höchstarbeitszeit im Rettungsdienst. Beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) Baden-Württemberg hat ver.di erreicht, dass die maximale Arbeitszeit für die rund 1.000 betroffenen Beschäftigten bis 2027 auf 38,5 Stunden pro Woche verkürzt wird. Der Tarifabschluss geht noch deutlich über die Regelungen im Reformtarifvertrag des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) hinaus, wo eine schrittweise Verkürzung auf 42 Stunden bis 2028 vereinbart ist.
Immer noch müssen hingegen Beschäftigte im kommunalen Rettungsdienst inklusive Bereitschaftszeiten bis zu 48 Stunden pro Woche arbeiten. Während die Verhandlungen mit der VKA über die Verkürzung solcher Höchstarbeitszeiten mangels eines akzeptablen Arbeitgeberangebots im Mai abgebrochen werden musste, geht der ASB voran. Ab 2025 wird die maximale Wochenarbeitszeit auf 41 Stunden, ab 2027 auf 38,5 Stunden abgesenkt. Derzeit gelten in den 52 ASB-Rettungswachen im Südwesten unterschiedliche Arbeitszeitregelungen.
»Dass die Arbeitszeit der Beschäftigten im Rettungsdienst an die aller anderen Beschäftigten angepasst wird, ist ein Novum, aber auch längst überfällig«, erklärt der Notfallsanitäter Joel Wertli aus Heilbronn. »Die Belastung ist extrem hoch, die Kolleginnen und Kollegen brauchen dringend mehr Zeit für Erholung und Privatleben.« Joel Wertli, der sich als Betriebsrat und in der ver.di-Tarifkommission engagiert, ist davon überzeugt, dass sich dadurch auch die Qualität der Notfallversorgung verbessert. »Kürzere Arbeitszeiten machen das Arbeiten im Rettungsdienst deutlich attraktiver. Das ist schon deshalb nötig, weil wir nur so genug Beschäftigte gewinnen und dauerhaft halten können.«
Belegt hat die hohe Belastung zuletzt eine ver.di-Befragung, an der sich bundesweit rund 7.000 Beschäftigte aus dem Rettungsdienst beteiligten. Diese sehen sich hohen körperlichen und emotionalen Anforderungen ausgesetzt. Nur elf Prozent der Kolleginnen und Kollegen gehen unter diesen Bedingungen davon aus, bis zum gesetzlichen Rentenalter durchzuhalten. Vor diesem Hintergrund haben ver.di und der ASB neben der Verkürzung der Höchstarbeitszeit auch vereinbart, dass Beschäftigte ab 55 beantragen können, nicht mehr zu Nachtschichten eingeteilt zu werden. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers wird in diesem Punkt eingeschränkt. Auch für andere langjährige ASB-Beschäftigte – zum Beispiel in den Bereichen Pflege, Erziehung oder Jugendhilfe – soll ab November über Maßnahmen zur Entlastung verhandelt werden.
Weiterhin möglich sein sollen die beim ASB auch bisher praktizierten 12-Stunden-Schichten. Ein Zugeständnis von ver.di im Rahmen des Verhandlungskompromisses ist es, unter bestimmten Umständen auch 24-Stunden-Schichten zu ermöglichen. »Wir haben das aber stark eingegrenzt«, betont Tarifkommissionsmitglied Joel Wertli. Zum einen ist diese Option auf ländliche Rettungswachen beschränkt, wo oft nur wenige Einsätze gefahren werden müssen. Zum anderen wird eine einvernehmliche Betriebsvereinbarung zur Bedingung gemacht, die auch Maßnahmen zum Gesundheitsschutz festschreiben soll – zum Beispiel gesonderte Ruheräume und regelmäßige Belastungsanalysen.
Insgesamt ist die Einigung nach Ansicht der ehrenamtlichen Tarifkommission ein guter Kompromiss. »Die Resonanz war durchweg positiv«, berichtet Joel Wertli. Das gelte auch für Kolleg*innen anderer Träger, zum Beispiel des DRK, das in Baden-Württemberg die meisten Rettungswachen betreibt. »Der ASB zeigt den Weg«, sagt der Notfallsanitäter nicht ohne Stolz. »Gut so!«
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