Nicht einschüchtern lassen

Servicekräfte an bayerischen Unikliniken streiken trotz Einschüchterungsversuchen für einen Tarifvertrag.
24.05.2024

Mery I. leistet in der Bettenaufbereitung der Erlanger Uniklinik körperlich harte Arbeit. Doch nach ihrem Feierabend muss sie um 17 Uhr zu ihrem nächsten Job, als Reinigungskraft an der Universität. »Von den 1.300 Euro netto, die ich nach Hause bringe, kann ich nicht leben, ohne den zusätzlichen Minijob käme ich nicht über die Runden«, sagt die 47-Jährige. »Diese Dauerbelastung macht mich krank.«

So wie ihr geht es vielen Beschäftigten in den Servicegesellschaften der Unikliniken Erlangen, Regensburg und Würzburg. Sie brauchen Zweit- oder Drittjobs, um sich das Nötigste leisten zu können. Denn die Tochterunternehmen der Universitätskliniken haben keinen Tarifvertrag, stattdessen lehnen sie sich nur an den allgemeinverbindlichen Mindestlohn für Gebäudereiniger*innen an. Mery I. findet das empörend, denn die Reinigung in Krankenhäusern ist weitaus anspruchsvoller als von Büros. »Wir haben hier hochsensible Bereiche, Hygiene spielt eine riesige Rolle, mit Schutzkleidung und allem Drum und Dran. Dafür kann man uns nicht mit dem Mindestlohn abspeisen.« Ungerecht findet die Reinigungskraft, dass sich der Lohn mit zunehmender Berufserfahrung nicht erhöht.

 

»Ich sehe nicht mehr ein, mich krank zu arbeiten und dafür keinerlei Anerkennung zu bekommen«, sagt Mery I.. Sie und ihre Kolleg*innen haben sich deshalb entschlossen, für einen Tarifvertrag zu kämpfen. Er soll auf dem Niveau des Länder-Tarifvertrags liegen, der für die anderen Klinikbeschäftigten gilt. Doch die Arbeitgeber weigern sich, darüber auch nur zu verhandeln. »Dieses Lohndumping in öffentlichem Auftrag ist ein Skandal, dem wir ein Ende bereiten werden«, erklärt Robert Hinke, der bei ver.di in Bayern für das Gesundheitswesen zuständig ist. »Dass die Tochter der Universitätsklinik Erlangen auch noch mit Union-Busting-Methoden versucht, Beschäftigte einzuschüchtern und vom Streik abzuhalten, setzt dem Ganzen die unrühmliche Krone auf.« In Erlangen hat das Management mehrere Beschäftigte fristlos gekündigt, die sich an Warnstreiks beteiligt hatten. Mehrfach versuchte es, Warnstreiks per einstweiliger Verfügung untersagen zu lassen – ohne Erfolg. Unterstützt wird die Unternehmensleitung dabei von der Kanzlei Schreiner+Partner, die bundesweit immer wieder durch gewerkschafts- und arbeitnehmerfeindliches Agieren auffällt.

»Wir treten nur für unser gutes Recht ein«, betont Mery I.. »Dass die Arbeitgeber so gegen uns vorgehen, ist eine Riesen-Schweinerei. Aber wir lassen uns nicht einschüchtern.« Trotz der Repression haben die Servicebeschäftigten an den drei Klinikstandorten schon fünf Warnstreiktage auf die Beine gestellt. In einer Urabstimmung sprachen sich zwischen 77,4 und 99,3 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder für einen Erzwingungsstreik aus. Dieser hat am 2. Mai begonnen.

»Diese mutigen Kolleginnen und Kollegen verdienen unser aller Respekt, sie brauchen Unterstützung«, appelliert Robert Hinke. Stadträte aus Erlangen haben bereits Patenschaften für die Gekündigten übernommen. »Hier werden grundlegende Rechte mit Füßen getreten. Die politisch Verantwortlichen dürfen nicht nur zuschauen. Jetzt ist Solidarität gefragt.«

 

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