Wochenlang wurde in vielen Kitas der Elbkinder in Hamburg nur notdürftig geputzt, das Mittagessen nicht wie sonst frisch gekocht, sondern von einem Cateringdienst geliefert: Das Küchen- und Reinigungspersonal hat gestreikt, um bessere Löhne durchzusetzen. »Einer unserer größten Erfolge ist, dass wir allen gezeigt haben, was wir drauf haben«, sagt die Hauswirtschaftsleiterin und Betriebsrätin der Servicegesellschaft der Elbkinder-Kitas, kurz EKSG, Dagmar Hegermann. »Die Frauen waren richtig powervoll.« Die Kolleginnen malten Plakate, meldeten Demonstrationen an, tanzten auf der Straße, trugen symbolisch den Rotstift zu Grabe, hielten Mahnwachen vor den Kitas ab, informierten Eltern, suchten Gespräche mit der Politik und vieles mehr. »Die Frauen haben dafür gesorgt, dass jetzt alle in Hamburg wissen, wie wertvoll unsere Arbeit ist.«
Sieben Wochen lang hielten sie den Streik aufrecht: Zunächst einen Tag pro Woche, dann zwei Tage, drei, vier – und seit Juni fünf Tage pro Woche. »Das war ein richtiger Kraftakt«, betont Dagmar Hegermann. Zumal viele der Frauen noch Zweit- und Drittjobs haben, um über die Runden zu kommen. Das Ergebnis: Die Gehälter steigen rückwirkend zum 1. Mai 2024 um 4,9 Prozent, die niedrigsten Löhne vor dieser Erhöhung noch um einen Sockel von 45 Euro, ab 1. März 2025 um 3 Prozent und ab 1. November 2025 um 3,5 Prozent. Bislang verdienten die Kolleginnen für ihre Arbeit in den Kitas weniger, als würden sie ein Büro oder eine Fabrik putzen, sagt die Betriebsrätin. Jetzt erhalten die Hausarbeiterinnen in der niedrigsten Entgeltgruppe 14,05 Euro pro Stunde. Insgesamt erhöhen sich ihre Löhne um 14,09 Prozent. »Das haben wir erkämpft«, sagt Dagmar Hegermann. Außerdem bekommen sie künftig zwei Regenerationstage pro Jahr. »Wir sind der Meinung, dass unsere Arbeit mehr wert ist.« Aber so schwer es auch fällt: Mehr sei in dieser Runde leider einfach nicht drin gewesen. Mehr als zwei Drittel der Mitglieder stimmten dem Verhandlungsergebnis zu.
Die ver.di-Fachbereichsleiterin für Hamburg, Hilke Stein, verweist darauf, dass der Kitaträger Elbkinder wirtschaftlich in Schwierigkeiten steckt. Grund dafür ist, dass die Stadt Hamburg das Geld für Tarifsteigerungen nicht voll zur Verfügung stellt. Deshalb schreibt der Betrieb rote Zahlen und muss massiv sparen. »Für faire Arbeitsbedingungen und gute Löhne braucht es eine auskömmliche Refinanzierung. Die gute Versorgung und Betreuung der Kinder und die Vergütung dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden«, stellt die Gewerkschafterin klar. »Die Politik ist in der Pflicht, da dringend nachzubessern«. Auch mit Blick auf die nächste Tarifrunde.
Die Elbkinder, die der Stadt gehören, haben Reinigung und Küche vor 20 Jahren in eine Servicegesellschaft ausgegliedert. Die Hauswirtschaftskräfte organisierten sich in ver.di und erstritten einen eigenen Haustarifvertrag. »Doch bei den Gehältern sind sie inzwischen weit abgehängt.« Ein großes Problem sei, dass die Frauen lediglich Teilzeitverträge erhielten, erklärt Dagmar Hegermann, viele lediglich über 10 oder 15 Stunden pro Woche. „»Davon kann niemand leben.« Die Gehälter der Hausarbeiterinnen würden als Sachkosten abgerechnet. »Wie Toilettenpapier«, sagt die Betriebsrätin. „Ich finde heftig, wie mit den Frauen umgegangen wird.«
Sie betont, was die Hauswirtschaftskräfte in den Kitas jeden Tag leisteten: »Das ist harte körperliche Arbeit.« Hinzu kämen strenge Hygieneregeln. Tag für Tag sorgen sie dafür, dass die Kitas blitzsauber sind, alles geputzt und gewaschen ist, sie bereiten Frühstück zu, schnippeln sie frisches Obst und Gemüse, kochen leckeres Mittagessen und backen Geburtstagskuchen. Nebenbei trösten sie auch mal ein weinendes Kind und gehen den Erzieherinnen zur Hand. »Unser Motto lautet: Eine Kita, ein Team.«
Hilke Stein zeigt sich beeindruckt davon, was die Frauen auf die Beine gestellt haben. Dabei seien die Bedingungen für sie wirklich nicht einfach: Die Kolleginnen seien in Kitas über die ganze Stadt verteilt im Einsatz, viele täten sich noch schwer mit der Sprache, kämen mit ihrem Geld kaum über die Runde und hätten kleine Kinder zu Hause zu betreuen. »Respekt, wie mutig und entschlossen sie sich gezeigt haben.« Die Frauen hätten mit dem Streik eine Menge erreicht. „Sie sind sehr viel stärker geworden. Und sehr viel selbstbewusster.« Allein in dieser Tarifrunde sind über 100 Beschäftigte in der Hauswirtschaft neu bei ver.di eingetreten, sagt die ver.di-Leiterin. »Auf diese Stärke können wir bei den nächsten Verhandlungen aufbauen.«
Landesfachbereichsleiterin Hamburg
040 / 890615 731
hilke.stein@verdi.de