Erfolg für Servicekräfte

    Nachdem die Beschäftigten der Servicegesellschaft des Klinikums Nürnberg den TVöD erkämpft haben, beschließt der Verwaltungsrat die Wiedereingliederung ins Krankenhaus.
    05.03.2022
    Zurück in die Klinik

    Bald sind sie keine »Beschäftigten zweiter Klasse« mehr: Für die Kolleginnen und Kollegen der Klinikum Nürnberg Service-Gesellschaft (KNSG) soll ab 2024 nicht nur der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) gelten. Wie der Verwaltungsrat laut Medienberichten Mitte Februar beschlossen hat, sollen sie dann auch wieder Angestellte des kommunalen Krankenhauses sein. Die vor 23 Jahren erfolgte Ausgliederung der Servicetätigkeiten wird rückabgewickelt.

    »Wir sind stolz auf das, was wir erreicht haben«, sagt Karin Reinfelder, die 2004 als Näherin in der Servicegesellschaft angefangen hat und jetzt Betriebsratsvorsitzende ist. »Aber wir sind auch wachsam, ob nun wirklich alles so umgesetzt wird, wie es angekündigt wurde.« Nach der Ausgliederung aus dem Klinikum 1999 waren Neueinstellungen zu weitaus schlechteren Konditionen erfolgt als im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes. Allein beim Tabellenentgelt verdienten die rund 800 Beschäftigten der Servicegesellschaft zwischen 300 und 900 Euro monatlich weniger – bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit. Hinzu kamen weitere Benachteiligungen bei Zuschlägen und Urlaub sowie der Jahressonderzahlung. Über 20 Jahre lang sparten Klinikum und Stadt so immense Summen auf Kosten der ohnehin am niedrigsten eingruppierten Servicekräfte.

     
    Warnstreik an der Klinikum Nürnberg Service-Gesellschaft am 6. Mai 2021

    Diese begannen im vergangenen Jahr, sich mit ihrer Gewerkschaft ver.di zur Wehr zu setzen. Sie stellten etliche Protestaktionen und vier Streiktage auf die Beine. Der Druck auf den Arbeitgeber und die lokalpolitisch Verantwortlichen wirkte: Nachdem der Stadtrat die Refinanzierung zugesagt hatte, erzielte ver.di Ende Juli 2021 eine Eckpunktevereinbarung, die schrittweise Lohnerhöhungen und ab 2024 die volle Übernahme des TVöD vorsieht (siehe drei.78). »Das haben wir mit viel Ausdauer zusammen erreicht«, sagt Reinfelder, die die Sektflaschen dennoch vorläufig im Kühlschrank lässt. »So richtig freuen kann ich mich erst, wenn der erste TVöD-Lohn auf dem Konto ist.«

    Und noch mehr wird sich ab dem 1. Januar 2024 ändern. Wie die Nürnberger Nachrichten unter Berufung auf die SPD-Stadträtin Gabriele Penzkofer-Roehrl berichteten, hat der Verwaltungsrat des Klinikums für 2024 die Wiedereingliederung der Servicegesellschaft beschlossen. »Das war immer unser Ziel: Wir wollten gleichberechtigter Teil der Belegschaft sein«, erklärt Reinfelder. Die Betriebsrätin sieht dennoch viel Arbeit und auch Konflikte auf sich und ihre Mitstreiter*innen zukommen: »2023 müssen wir die konkreten Eingruppierungen im TVöD regeln. Es wird dann sicher nochmal ein Kampf werden, die angemessene Eingruppierung für alle Beschäftigten sicherzustellen.« Auch für die Zeit nach der Wiedereingliederung sieht sie Regelungsbedarf. »Die über 1.000 Servicekräfte, die dann neu zur Klinikbelegschaft gehören, müssen sich in der betrieblichen Interessenvertretung wiederfinden«, betont Reinfelder. Der Klinik-Personalrat werde aber erst 2026 neu gewählt.

     

    Outsourcing ist umkehrbar

    Bei allen offenen Detailfragen: Einig sind sich die Aktivist*innen, dass die beschlossene Wiedereingliederung ins Krankenhaus ein sehr positiver Schritt ist. »Das ist ein riesiger politischer Erfolg der Kolleginnen und Kollegen, die sich über Jahre hinweg für Gleichbehandlung eingesetzt haben«, kommentiert die ver.di-Sekretärin Joana Terborg. »Neben der materiellen Benachteiligung – beim Entgelt, beim Urlaub, bei Arbeitszeiten und allem anderen – ist es extrem wichtig, auch die symbolische Spaltung der Belegschaft zu überwinden.« Diese ist auch nach außen sichtbar, zum Beispiel bei der Arbeitskleidung. »Diese Herabwürdigung und damit die Zwei-Klassen-Gesellschaft wirklich zu beenden, ist ein enormer Fortschritt«, betont Terborg. »Endlich heißt es dann: Ein Betrieb, eine Belegschaft, ein Tarifvertrag. Genau dafür haben die Kolleg*innen gekämpft. Und es zeigt: Outsourcing ist umkehrbar – sicher nicht nur in Nürnberg.«

     

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