Der Lehrer Wanja Csik und seine Kolleg*innen am Kurt-Lindemann-Haus (KLH) der Uniklinik Heidelberg sind frustriert – und wütend. Denn auch nach elf Warnstreiktagen verweigert der Arbeitgeber den Beschäftigten aus der beruflichen Reha einen Tarifvertrag. »Uns läuft das Personal weg«, sagt Wanja Csik. »Wenn sich die Rahmenbedingungen nicht verbessern, können wir früher oder später dicht machen, weil wir keine Arbeitskräfte mehr finden.« Ganz ähnlich beschreibt der Elektroinstallateur Jens Hillger die Situation bei der Klinik-Technik GmbH (KTG), die ebenfalls zu 100 Prozent dem Uniklinikum gehört. »Ohne uns läuft im Krankenhaus gar nichts. Und trotzdem lässt das Management Wertschätzung für uns vermissen. Da fragt man sich schon, auf welchem Planeten die leben.«
Der Arbeitgeber will die Löhne zwar einseitig etwas anheben, sie bleiben aber weiter deutlich unter dem Niveau des Uniklinik-Tarifvertrags. Die betroffenen Kolleg*innen, die sich mehrheitlich in ver.di organisiert haben, wollen, dass dieser Tarifvertrag auch für die Tochtergesellschaften zur Anwendung kommt. Doch die Klinikleitung verweigert dies mit der Begründung, sie wolle sich »Flexibilität erhalten«. Das bedeute nichts anderes, als dass sie die Beschäftigten weiter mit untertariflicher Bezahlung abspeisen wolle. »Das ist ein Unding«, kritisiert Jens Hillger, der sich bei ver.di und im Betriebsrat der KTG engagiert. Tariflose Beschäftigte in der KTG erhielten bis zu 700 Euro monatlich weniger als diejenigen, die noch einen Arbeitsvertrag mit der Uniklinik haben.
Jens Hillger selbst gehört zu diesen »Gestellten«, dennoch engagiert er sich für einen Tarifvertrag, weil er die ungleiche Bezahlung »einfach ungerecht« findet. Hinzu kommt ein unfaires und intransparentes Eingruppierungssystem, das große Unterschiede bei der Entlohnung der Beschäftigten ohne Tarifvertrag beinhaltet. »Es muss endlich gelten: gleiche Arbeit, gleiches Geld – und zwar genug Geld«, betont der Elektroinstallateur, der sich auch von Drohungen nicht einschüchtern lässt, der Betrieb könne bei Durchsetzung eines Tarifvertrags geschlossen werden. »Handwerkern bei der derzeitigen Arbeitsmarktsituation mit Betriebsschließung zu drohen, ist ein starkes Stück. Jeder von uns hat mindestens ein anderes Jobangebot in der Tasche.« Doch die Kolleg*innen wollten nicht einfach den Arbeitgeber wechseln, sondern bei der KTG für bessere Bedingungen kämpfen. »Die Arbeit macht Spaß, die Kollegialität ist super und auch die Zusammenarbeit mit den anderen Beschäftigten in der Klinik«, sagt Jens Hillger. »Aber auf Dauer müssen auch die Rahmenbedingungen stimmen, sonst sind die Leute weg.« Die Vergabe von Tätigkeiten an externe Firmen sieht er nicht als Alternative. »Wir hatten schon Fremdfirmen, die hat man wieder rausgeschmissen, weil sie nicht in der Lage sind, die gewünschte Qualität abzuliefern.«
Die KTG-Beschäftigten haben bereits zwölf Warnstreiktage auf die Beine gestellt, um für ihre Forderungen Druck zu machen. Auf die Solidarität ihrer Kolleg*innen in der Pflege und anderen Bereichen des Klinikums können sie dabei zählen. Rund 2.500 Klinikbeschäftigte haben sich an einer Postkartenaktion beteiligt, mit der sie das Management zu Tarifverhandlungen auffordern. »Die Leute haben uns die Postkarten teilweise aus den Händen gerissen. Manche Stationen wollten gleich mitstreiken – diese Solidarität ist bombastisch«, erklärt Jens Hillger.
Die Aktiven bei KTG und KLH fordern, dass sich die Landesregierung in den Tarifkonflikt einschaltet. »Die Uniklinik und damit auch die Tochtergesellschaften sind zu hundert Prozent in Landesbesitz«, erklärt Wanja Csik, der seit 15 Jahren am Kurt-Lindemann-Haus arbeitet. »Die Landesregierung muss sich für die Aufnahme von Tarifverhandlungen stark machen. Schließlich hat sich die Landesregierung die Stärkung der Tarifbindung auf die Fahnen geschrieben. Bei den landeseigenen Unternehmen sollte sie anfangen.«
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