Kollektive Gefährdungsanzeige

Offener Brief an die Jugend- und Familienministerkonferenz
11.03.2024

Gemeinsam wollen wir mit der »Kollektiven Gefährdungsanzeige« deutlich machen, dass es so in den Kitas nicht weitergehen kann. Daher sammeln wir eure Unterschriften. Diese wollen wir im Mai an die für die Kinder - und Jugendhilfe zuständigen Minister und Ministerinnen der Bundesländer, die sich in der sog. Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) treffen, übergeben. Dafür wird eine ver.di Delegation am 24. Mai 2024 nach Bremen reisen.

 

Achtung, nicht verwechseln!

Die »Kollektive Gefährdungsanzeige« ist ein offener Brief der ver.di Aktiven zur Übergabe an die Politik. Sie unterscheidet sich damit von der Gefährdungsanzeige/Überlastungsanzeige, die ihr bei eurer Leitung/dem Träger einreicht und die euch rechtlich absichert.

 

Wir, die pädagogischen Fachkräfte und Leiter*innen der Kindertagesstätten legen mit unserer sozialpädagogischen Arbeit mit den Kindern und Eltern das Fundament für eine offene und demokratische Gesellschaft. Dabei ist es uns wichtig, die individuellen Bedarfe zu berücksichtigen und einen Beitrag zur Bildungs- und Chancengerechtigkeit zu leisten. Das System Kita kollabiert. Bilden und erziehen können wir nur noch selten – wir verwahren (oft) nur noch. Das Wohl und die Sicherheit der Kinder in den Kitas sind regelmäßig und dauerhaft gefährdet. Der Notstand ist zum Alltag geworden. Und auch die physische und psychische Gesundheit von uns, den pädagogischen Fachkräften in den Kitas, ist stark gefährdet. Die hohen Krankenstände, insbesondere die hohe Burnout-Quote, die zunehmende Teilzeitquote sowie die hohe Ausstiegsrate aus dem Beruf belegen das eindrücklich.

Wir brauchen Raum und Zeit für die Kinder, für Bildung, Erziehung und kindgerechte Betreuung. Wir wollen professionell arbeiten und nicht verwahren. Und dies gesund – bis zur Rente!

 

So könnt ihr mitmachen:

  • Sprich mit allen Kolleg*innen in deiner Kita über die Kollektive Gefährdungsanzeige.

  • Drucke die letzte Seite der Kollektiven Gefährdungsanzeige aus und lass alle, die sich für bessere Arbeitsbedingungen stark machen möchten, darauf unterschreiben.

  • Gib die Bögen bei deiner ver.di vor Ort ab.

    Alternativ: Scanne die Bögen (nur die Seite mit den Unterschriften) per PDF-Scanner-App mit dem Handy oder per herkömmlichen Scanner ein und schicke sie bis zum 22.04.2024 an sozialearbeit@verdi.de (das Postfach erlaubt Anhänge von einem Datenvolumen bis zu 10 MB pro Mail. Bitte ggf. in zwei oder mehr Mails aufteilen)

 

Unsere Forderungen:

Entlastende Sofortmaßnahmen: Professionelle Kräfte für Küche, Hausarbeit, Hausmeisterdienste und Verwaltung

Viel zu oft sind diese Bereiche defizitär ausgestattet, was dazu führt, dass pädagogische Fachkräfte „nebenher“ zusätzliche Aufgaben übernehmen. Eine Kita ist kein „kleiner Haushalt“, wo ein bisschen mitgeholfen werden kann, sondern ein soziales Dienstleistungsunternehmen. Wir fordern daher, den Hauswirtschaftsbereich, insbesondere für die Zubereitung von Mahlzeiten, die Reinigung des Hauses sowie die Hausmeisterdienste und die Verwaltung der Kita professionell aufzustellen, damit die Pädagog*innen pädagogisch arbeiten können.

Die Stabilisierung des bestehenden Kita-Systems

Das System Kita und seine Beschäftigten sind am Limit. Schlechte Personalschlüssel und Fachkräftemangel wirken sich immer stärker aus. Der zeitgleich betriebene Ausbau der Kitas und die Schaffung neuer Plätze bedeuten das Abziehen des Personals aus umliegenden Kitas in der Region. Damit wird die Personaldecke in allen Kitas immer dünner und der Personalmangel wächst stetig. Die Verlässlichkeit des Angebots wird immer fragiler. Die Kolleg*innen erkranken häufiger, fallen aufgrund von Burnout lange Zeit aus oder verlassen das Arbeitsfeld Kita. An aller erster Stelle steht daher die Forderung nach der nachhaltigen Stabilisierung des fragilen Kita-Systems.

Den Stopp des Abbaus der Qualitätsstandards

Vergrößerung der Gruppen und die Beschäftigung von unqualifiziertem Personal, bedeuten ein Risiko für das Wohl der Kinder und ihrer Bildungsprozesse. Sie werden gleichzeitig zu einer Belastung der Fachkräfte. Dies führt dazu, dass noch mehr Fachkräfte die Kitas verlassen.

Die Veranstaltung eines bundesweiten Kita-Gipfels

Die Kita-Misere muss zur Chefsache werden. Bund und Länder sind gleichermaßen in der Pflicht, Abhilfe zu schaffen, einen Maßnahmenkatalog für die Stabilisierung und den Ausbau des Systems zu entwickeln und die Verantwortung für dessen Realisierung zu übernehmen.

Die Beteiligung des Bundes

Der Bund profitiert maßgeblich von den Steuereinnahmen durch die Beschäftigung der Eltern. Er ist in der Pflicht sich dauerhaft und in einem relevanten Umfang an der Finanzierung und der fachlichen Weiterentwicklung des Systems Kita genauso wie an der sozialpädagogischen Ausbildung zu beteiligen.

Einen Stufenplan zum Ausbau der Erzieher*innenausbildung

Die Stabilisierung des Systems und der geplante Ausbau der Kitas funktionieren nicht ohne den Stufenplan zum Aufbau des nötigen Fachpersonals. Beides muss miteinander synchronisiert werden.

Einen geplanten und abgestimmten Kita-Ausbau

Der Ausbau des Kita-Systems zur Erfüllung der Bedarfe und Rechtsansprüche der Eltern ist durch den Bund und die Länder planvoll zu steuern, dabei ist der Aufbau des Fachpersonals so zu berücksichtigen, dass der quantitative und qualitative Bedarf der Kitas gedeckt werden kann.