Freiberuflerinnen erfolgreich

Saarland: Hebammen und Kinderkrankenpflegerinnen in der aufsuchenden Familienhilfe erreichen mit ver.di Honorarplus von fast 27 Prozent.
01.06.2023

Bei der Bezahlung der rund 40 freiberuflichen Hebammen und Kinderkrankenpflegerinnen, die im Saarland Eltern und Familien in belastenden Lebenssituationen begleiten, hat sich fast zehn Jahre lang nichts getan. »Kein Verband fühlte sich für uns zuständig, das Honorar blieb jahrelang bei 41 Euro pro Fachleistungsstunde – viel zu wenig. Dann haben wir gesagt: Es reicht!«, berichtet die Familienhebamme Tanja Fuhr-Lieser. Sie trommelte die Kolleginnen zu einer Videokonferenz zusammen. Alle waren sich einig: So geht es nicht weiter. Eine hatte die Idee, den langjährigen ver.di-Pflegebeauftragten Michael Quetting ins Boot zu holen. »Einige hatten Angst, ihre Rechte einzufordern. Aber als Michael da war, hatte sich das schnell erledigt. Er hat uns Sicherheit gegeben.«

 
Die freiberuflichen Familien-Hebammen und Kinderkrankenpflegerinnen zeigen Flagge beim Warnstreik des öffentlichen Dienstes.

Gemeinsam diskutierten die freiberuflichen Familienhebammen und Familien- Gesundheits- und Krankenpflegerinnen ihre Forderungen – und darüber, wie sie diese durchsetzen könnten. Fast alle der Betroffenen unterstützten die Forderung nach 60 Euro pro Fachleistungsstunde mit ihrer Unterschrift. »Wir haben die Kolleginnen bei Treffen in den Landkreisen oder nach der Supervision angesprochen. Alle bis auf zwei haben unterschrieben«, erzählt Tanja Fuhr-Lieser. Die Mehrheit der Betroffenen schloss sich in einem ver.di-Arbeitskreis zusammen, zehn traten der Gewerkschaft bei. Sie beauftragten Michael Quetting, Verhandlungen mit den zuständigen Landkreistagen und dem Landesgesundheitsministerium aufzunehmen.

»Das ging dann sehr schnell«, so Tanja Fuhr-Lieser, die in der Verhandlungskommission aktiv war. Kurzfristig kam es zu Gesprächen mit Vertreter*innen des Gesundheitsministeriums und der Landkreistage. Mit Letzteren werden die Honorarverträge der freiberuflichen Mitarbeiterinnen in den sogenannten Frühen Hilfen geschlossen. Die Kolleginnen nutzten die Tarifrunde des öffentlichen Dienstes und beteiligten sich mit einem selbstgemalten Transparent an den Aktionen, um für ihr Anliegen Aufmerksamkeit zu schaffen. »Wir waren gleich Teil der Bewegung, die Leute waren sehr solidarisch«, sagt Tanja Fuhr-Lieser.

 

Und auch bei den politisch Verantwortlichen stießen die Hebammen und Kinderkrankenpflegerinnen auf offene Ohren. Nach nur zwei Verhandlungsrunden stand der Kompromiss: Zum 1. Juli werden die Honorare auf 56 Euro pro Fachleistungsstunde erhöht – eine Steigerung um fast 27 Prozent. Und ganz wichtig: In Zukunft steigen die Honorare automatisch, wenn ver.di im öffentlichen Dienst Lohnerhöhungen aushandelt. »Das ist phantastisch und genau das, was wir uns gewünscht haben«, erklärt die Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin Stefanie Duchêne. »Wir sehen dieses Ergebnis als Zuspruch für unsere Arbeit. Dass die Soziale Arbeit funktioniert, ist für die ganze Gesellschaft wichtig. Gut, dass das in unserem Fall gesehen wird.« Frauen seien längst nicht mehr nur Zuverdienerinnen, sie müssten daher angemessen entlohnt werden.

»Wir freuen uns total über unseren Erfolg«, sagt Stefanie Duchêne. »Richtig gut« findet auch Tanja Fuhr-Lieser das Ergebnis. Für sie ist klar, dass sie die Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes in der nächsten Tarifrunde unterstützen wird. Schließlich profitieren die Freiberuflerinnen in den Frühen Hilfen an der Saar ab jetzt direkt von den dort erzielten Abschlüssen.

Daniel Behruzi

 

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