In der Pandemie wurden Saisonkräfte in Studierendenwerken kurzerhand auf die Straße gesetzt, doch auch festangestellte Kolleg*innen fürchten um ihre Jobs. Vernetzung stärkt die Gegenwehr.
Eine Kollegin aus der Küche hat im ersten Moment vor Freude fast geweint. Kurz bevor die Coronapandemie den Betrieb in den Mensen mehr oder weniger lahmlegte, wurde ihr Saisonvertrag beim Studierendenwerk Vorderpfalz in eine dauerhafte Stelle umgewandelt. „Wir hatten uns gerade mit der Geschäftsführung darauf geeinigt, die Verträge sukzessive umzustellen“, berichtet Personalrätin Christine Fischer in Landau. Für die ersten sechs Saisonkräfte erfolgte die Unterschrift kurz vor knapp. Ihre rund 50 Kolleg*innen standen hingegen mit Start des Wintersemesters auf der Straße. Ohne Anspruch auf Kurzarbeitergeld. „Sie hat es kalt erwischt“, bedauert Fischer. Die allermeisten seien Frauen, viele älter, alleinstehend oder alleinerziehend.
Doch auch die Beschäftigten mit festen Verträgen bangen um ihre Jobs. Die meisten sind seit über einem Jahr in Kurzarbeit. „Die Stimmung ist mies“, sagt Peter Schmitt, ver.di-Landesfachbereichsleiter in Rheinland-Pfalz und Saarland. Wo es keine Saisonkräfte gab, die kurzerhand vor die Tür gesetzt wurden, sind jetzt teilweise Kündigungen im Gespräch. Beim Studierendenwerk in Mainz würden Stellen längst nicht mehr neu besetzt, so Schmitt. Waren dort zu Beginn der Pandemie über 300 Kolleg*innen beschäftigt, seien es jetzt noch 250.
Der Sprecher der ver.di-Bundesarbeitsgruppe Studierendenwerke, Markus Becker, fügt hinzu, dass viele Beschäftigte befristete Verträge hätten. Vielerorts sei zu befürchten, dass sie nicht verlängert werden. „Die Studierendenwerke gucken erst einmal, wie es weitergeht.“ Kaum jemand gehe davon aus, so Schmitt, dass sich die Situation nach Corona so einpendeln werde wie vorher. Einige Unis kündigten bereits an, auch in Zukunft stärker auf digitales Lernen zu setzen, sagt Becker. Wenn Studierende zu Hause hocken, essen sie nicht in der Mensa zu Mittag.
„Wichtig ist, dass die Studierenden uns weiterhin als Dienstleister wahrnehmen.“ Von Essen-to-go in Foodtrucks bis zum Lieferservice per Fahrradkurier gebe es in der Pandemie viele kreative Ideen. Auch Sozialberatung, Wohnraumvermittlung und BAföG-Vergabe blieben wichtige Angebote, gerade in der Krise. Die Länder müssten die Studierendenwerke dringend besser finanziell absichern, fordert Becker. „Damit wir die Leistungen so erbringen können, dass sie den Studierenden zugutekommen.“ Doch die Länder zögen sich immer mehr aus der Verantwortung.
In diesen Zeiten sind die Interessensvertretungen besonders gefragt. Dabei kommt den Personalräten zugute, dass sie sich jetzt viel besser vernetzen als vorher. Bei Videokonferenzen bietet ver.di – neben Infos und Tipps – die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Das Angebot richtet sich bundesweit an alle Beschäftigten der Studierendenwerke, egal ob ver.di-Mitglied oder nicht. Bei einer Veranstaltung zum Kurzarbeitergeld hätten 200 Kolleg*innen teilgenommen, berichtet Becker. „Das Thema war ja für uns alle ganz neu.“ So konnten viele Personalräte eine Aufstockung auf 100 Prozent des Nettoeinkommens durchsetzen. Und auch künftig soll der Austausch gefördert werden. „Betriebsbedingte Kündigungen gilt es unbedingt zu verhindern“.
Bei Personalrätin Fischer aus Landau klingelt ständig das Telefon. Die Kolleginnen in Kurzarbeit sorgen sich um ihre Jobs und fragen: „Wann geht es endlich wieder los?“ Die Gewerkschafterin hofft, dass nach der Pandemie auch die Saisonkräfte zurückkommen. Und zwar langfristig alle mit festen Verträgen. „Alles andere ist für die Frauen ja eine Zumutung.“
Kathrin Hedtke
veröffentlich am 27. Juli 2021