»Das Geld reicht hinten und vorne nicht«

Beschäftigte im Studierendenwerk AKAFÖ in Bochum sind bei den Warnstreiks in großer Zahl dabei. Gerade Kolleg*innen in unteren Entgeltgruppen brauchen dringend mehr Geld.
06.03.2023


»Ein sehr cooles Gefühl«, findet es die Gastro-Mitarbeiterin Ella Franz aus dem Studierendenwerk in Bochum, bei den Warnstreiks des öffentlichen Dienstes mit auf die Straße zu gehen. »Wir wollen zeigen: Es geht so nicht weiter, das Geld reicht hinten und vorne nicht.« Auch früher war die 39-Jährige schon bei Streiks dabei, aber nie war die Dynamik so groß wie jetzt. Zum einen liegt das an ver.di: »Das ist viel besser organisiert, man bekommt alle Informationen, um die Leute aufzuklären und vom Mitmachen zu überzeugen.« Zum anderen ist es die Inflation, die die Menschen auf die Straße treibt. »Wir können uns von unserem Lohn immer weniger leisten, das geht einfach nicht mehr«, sagt die Mutter von zwei Kindern.

 
Die Gastro-Kolleginnen aus dem Studierendenwerk in Bochum beim Warnstreik

»Es wäre schön, mal einen kleinen Urlaub zu machen oder Essen zu gehen – aber das ist im Moment nicht drin«, berichtet Ella Franz, deren Mann ebenfalls im Bochumer Studierendenwerk, dem AKAFÖ, arbeitet. Für sie gilt die unterste Entgeltgruppe, die EG 1 für »einfachste Tätigkeiten«, die in vielen anderen Betrieben gar nicht mehr angewandt wird. Bei Vollzeit in der EG 1 gibt es wenig mehr als 2.000 Euro brutto. Doch Ella Franz arbeitet wie viele ihrer Kolleginnen Teilzeit und hat daher noch weniger. »Die Eingruppierung nach der EG 1 sollte es nicht mehr geben, auch das müssen wir dringend angehen. Jetzt geht es aber erstmal darum, die geforderte Lohnerhöhung durchzusetzen.«. Besonders wichtig findet die Gastro-Mitarbeiterin den geforderten Mindestbetrag von 500 Euro mehr im Monat. »10,5 Prozent hört sich viel an, aber bei meinem Gehalt ist das nicht allzu viel. Die 500 Euro wären richtig gut.«

Sie und die meisten ihrer Kolleg*innen sind entschlossen, sich für diese Forderung einzusetzen. »Fast alle haben beim Warnstreik mitgemacht«, berichtet Ella Franz. Viele sind auch ver.di beigetreten. Waren vor der Tarifbewegung etwa ein Drittel der 540 Kolleg*innen organisiert, ist es nun bald schon die Mehrheit. »Manche hatten am Anfang Angst, aber nach der Streikdemo waren alle begeistert. Gemeinsam mit so vielen Kolleginnen und Kollegen anderer Betriebe auf die Straße zu gehen – das macht Mut.«

Auch im Studierendenwerk selbst ziehen die Berufsgruppen an einem Strang. »Gerade die Leute in den unteren Entgeltgruppen machen sich Sorgen. Dass alles teurer wird, nur die Löhne nicht entsprechend steigen sollen, ist total unfair«, findet die Erzieherin Katrin Sawitzki aus der Kita »UniKids«. Was es bedeutet, mit wenig Geld auskommen zu müssen, bekommt sie hautnah mit: Ihre Mutter arbeitet in der Mensa des Studierendenwerks.

 
Die Kita-Kolleginnen aus dem Studierendenwerk in Bochum beim Warnstreik

Das Kita-Team hat sich bereits in der Tarifrunde des Sozial- und Erziehungsdienstes im vergangenen Jahr organisiert. »Gestartet waren wir mit fünf Kolleginnen, jetzt sind es 20, die bei ver.di sind und mit streiken«, berichtet Katrin Sawitzki. Beim ersten Warnstreik kam sie trotz Urlaubs zur Demo, um ihre Kolleg*innen zu unterstützen. Es waren doppelt so viel Teilnehmende da, als ver.di erwartet hatte. »Das war eine tolle Atmosphäre. Die Leute sind wütend über die Haltung der Arbeitgeber und zeigen das auch.« In den Kitas seien die Anforderungen immer weiter gestiegen, die Belastung nehme zu. Das müsse sich auch im Gehalt niederschlagen, findet die Erzieherin. »Insgesamt muss der Beruf attraktiver werden – und eine gute Bezahlung gehört dazu.«


veröffentlicht am 7. März 2023

 

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