Nach langer Kurzarbeit öffnen Mensen und Cafeterien wieder.
Eineinhalb Jahre lang hat Sabina Stefanovic nur einzelne Tage in der Mensa des Studierendenwerks Mainz gearbeitet, die allermeiste Zeit war sie in Kurzarbeit. „Ich bin froh, dass es jetzt wieder losgeht“, betont die Servicekraft. Mit dem Start des Wintersemesters öffnen überall in Deutschland wieder Mensen und Cafeterien. Genießen konnte die alleinerziehende Mutter eines Sohns die Kurzarbeit nicht. „Die ganze Zeit nur zu Hause zu hocken, macht depressiv“, meint die 45-Jährige. Hinzu kam bei vielen ihrer Kolleg*innen die Angst, den Job zu verlieren. „Viele waren sehr emotional“, berichtet Sabina Stefanovic, „und haben in ständiger Sorge gelebt.“
In der Pandemie seien im Studierendenwerk Mainz befristete Verträge nicht verlängert worden, berichtet die Personalrätin. Ging jemand in Rente, wurde die Stelle nicht neu besetzt. „Jetzt müssen wir die Löcher stopfen“, kritisiert die Servicekraft. Darüber sei der Ärger groß.
Das Studierendenwerk habe die Coronakrise dafür genutzt, Personal abzubauen, betont der Personalrat Tomas Noll. Die Hochschulgastronomie an der Uni Mainz müsse jetzt mit 40 Kolleg*innen weniger laufen. Deshalb wurde das Angebot gekürzt: Zunächst werden nur halb so viele Theken geöffnet, zumal mit weniger Umsatz gerechnet wird, und die Öffnungszeiten reduziert. „Hier werden Dienstleistungen für Studierende abgebaut, um Geld zu sparen.“
Das hält Markus Becker, Sprecher der ver.di-Bundesarbeitsgruppe Studierendenwerke, für einen großen Fehler. Der Personalrat aus Münster betont, dass die Studierendenwerke ausschließlich Dienstleister für Studierende sind. „Die sozialen Angebote sind unsere Daseinsberechtigung.“ Im Bereich der Wohnheime hätten sie schon länger mit privaten Investoren zu kämpfen. Umso wichtiger sei es, bei der Verpflegung ein gutes Angebot aufrechtzuerhalten, meint Markus Becker. „Sonst heißt es irgendwann: ‚Wir brauchen euch nicht mehr!‘“
Viele Studierendenwerke hätten von der Pandemie finanziell profitiert. Sie erhielten weiterhin die Sozialbeiträge und Landeszuschüsse, hätten jedoch nur noch rund 20 Prozent an Personalkosten bezahlt, rechnet Markus Becker vor. In Münster sparte das Studierendenwerk seinen Angaben zufolge im Vorjahr alleine beim Wareneinkauf zwei Millionen Euro. „Das war einer der besten Jahresabschlüsse seit Jahren“, sagt der Personalrat. Deshalb hätten es einige Geschäftsführungen nicht sehr eilig gehabt, die Türen wieder zu öffnen.
„Es wird höchste Zeit, dass die Studierendenwerke endlich wieder ihre Aufgaben wahrnehmen können“, fordert Markus Becker. „Schließlich haben wir eine soziale Verantwortung.“ Sowohl für die Studierenden als auch die Beschäftigten.
veröffentlicht am 27. Juli 2021
Dieser Artikel ist im biwifo-Report 02/2021 erschienen.