Pro/ Contra

Bezahlung ein Fortschritt?

15.03.2019

ver.di hat eine Vergütung für betrieblich-schulische Auszubildende in öffentlichen Krankenhäusern durchgesetzt. Manche halten das für falsch. Die Betroffenen finden es gut. Die Bezahlung betrieblich-schulischer Azubis: Ein Fortschritt?

 
Nina Rüter, Physiotherapeutin

Pro

Wir haben es geschafft, wir, die betrieblich-schulischen Auszubildenden, die #Unbezahlten. Wir haben eine Ausbildungsvergütung durchgesetzt. Wir haben uns in ver.di organisiert und unser Schicksal selbst in die Hand genommen. Das mitzuerleben, hat mir das Gefühl zurückgegeben, etwas bewegen zu können. Dieses Gefühl fehlt vielen Menschen in Deutschland. Ich wünsche mir, dass in Zukunft mehr eine solche Erfahrung machen. 

Wir haben mit diesem historischen Tarifabschluss im öffentlichen Dienst gezeigt, wohin es gehen muss: Hin zu einer besseren Vergütung der Gesundheitsberufe. Denn wie will man genug Nachwuchs für einen Beruf finden, zu dem man in der Ausbildung noch Geld mitbringen muss?

Hilft uns bei der Aufwertung ein akademischer Titel? Ich bin überzeugt: Wir werten uns über unser Können auf. Wir können fachlich und wir können mitgestalten. Für Ersteres brauchen wir eine hochwertige Ausbildung. Und Zweiteres erreichen wir in Tarifverträgen.

Nina Rüter ist Physiotherapeutin, studiert Health Care und ist Mitglied der ver.di-Verhandlungskommission.

 


 
Dagmar Karrasch, Präsidentin des Deutschen Bundesverbandes für Logopädie e.V.

Contra

Wir schätzen ver.dis Engagement für Auszubildende, zum Beispiel in der Pflege. Doch so verlockend die Ausbildungsvergütung für Einzelne sein kann, für die Logopädie ist sie hinderlich. Dies hat mehrere Gründe: Die Vergütung betrifft nur eine kleine Gruppe der Schüler*innen und verstärkt die bereits heute sehr heterogenen Ausbildungsbedingungen. Formal passt die Vergütung nicht: Unsere Ausbildung findet an privaten oder staatlichen Berufsfach- bzw. Hochschulen statt, nicht in einem Betrieb. Die Ausbildungsvergütung verhindert nicht die Berufsflucht! Diese ist Folge schlechter Bezahlung und mangelnder beruflicher Karrieremöglichkeiten. Hier muss gehandelt werden!

Vor allem aber verstellt sie den Blick für den wichtigen, längst überfälligen Schritt, für den wir in Deutschland seit über 40 Jahren kämpfen und der in ganz Europa längst umgesetzt ist: die primärqualifizierende hochschulische Ausbildung. Sie ist die entscheidende Voraussetzung für Attraktivität und Weiterentwicklung unseres Berufes.

Dagmar Karrasch ist Präsidentin des Deutschen Bundesverbands für Logopädie e.V.

 

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