Die Zeit, in der wir ausschließlich Arbeitgebern dienen, ist in vollem Umfang Arbeitszeit. Arbeitsrechtler nennen sie »fremdnützig«. Dafür steht Vergütung zu und Schutz der Gesundheit:
Nur zu oft verwechseln Arbeitgeber unsere Freizeit mit Arbeitszeit. Dann kommen sie durcheinander bei:
Nichts davon dient ausschließlich den Arbeitgebern. Außerhalb unserer Arbeitszeit haben sie nichts zu bestimmen. Und erst recht nichts aufzuzeichnen!
Die Arbeitgeber – auch hierzulande – müssen die Aufzeichnung aller Arbeitszeit in ihrem Betrieb organisieren. Das entschieden jüngst die Richter des europäischen Gerichtshofes (EuGH 14.05.2019 - C-55/18). Sie stützten sich dabei auf Artikel 31 der EU-Grundrechte-Charta vom 30. März 2010:
Gerechte und angemessene Arbeitszeiten
(2) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub.
Unsichtbare Arbeitzeit kann niemanden schützen. Oft brauchen die Arbeitgeber dennoch eine Extra-Aufforderung. Sie finden sie in:
§ 13 HeimG (Heimgesetz), §§ 2 und 17 MiLoG (Mindestlohngesetz), § 19 AEntG (Arbeitnehmerentsendegesetz – Pflegemindestlohn), § 16 ArbZG (Arbeitszeitgesetz), § 6 Abs. 2.1 TVöD-K (ärztliche Arbeitszeiten).
Sinn und Zweck der Arbeitszeitaufzeichnungspflicht ist es, eine Überwachung der Einhaltung des ArbZG durch die zuständigen Aufsichtsbehörden zu gewährleisten. Eine solche Überwachung ist nur dann möglich, wenn u. a. Beginn und Ende der Arbeitszeit bzw. die konkrete zeitliche Inanspruchnahme während einer Rufbereitschaft aufgezeichnet wird und sich der jeweilige abgeleistete Dienst nachvollziehbar aus den Arbeitszeitaufzeichnungen (nicht: Dienstplan) ergibt. Quelle: Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) – LV 30, S. 32 –Arbeitszeitgestaltung in Krankenhäusern, Juni 2012
Ordnungswidrig nach § 22 ArbZG handelt, wer als Arbeitgeber […] gegen die Verpflichtung zur Aufzeichnung der Arbeitszeit verstößt, je Fall je Arbeitnehmerin/Arbeitnehmer 1.600 Euro. LV 60, S. 18. Bußgeldkatalog, auf den sich der LASI im März 2019 geeinigt hat.
Die Aufsichtsbehörden in den Ländern überwachen alle Branchen. Sie meldeten einige Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz.
Stundenzettel ohne Beweiswert
Die Aufzeichnungen der Arbeiternehmer*innen bekommen erst mit der beiderseitigen Abzeichnung Beweiswert. Mit der Billigung der Überstunden zeigt der Arbeitgeber: Er ist einverstanden, dass sie so geleistet wurden. Das muss nicht ausdrücklich erfolgen und kann insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Arbeitgeber oder ein für ihn handelnder Vorgesetzter des Arbeitnehmers eine bestimmte Anzahl von Stunden abzeichnet und damit sein Einverständnis mit einer Überstundenleistung ausdrückt. Dazu reicht aber die widerspruchslose Entgegennahme der vom Arbeitnehmer gefertigten Arbeitszeitaufzeichnungen nicht aus.
BAG Urteil 10.04.2013 – 5 AZR 122/12
Sparsam aufzeichnen
Aufzeichnungen der Arbeitszeit, die die Angabe der Uhrzeit, zu der ein Arbeitnehmer seinen Arbeitstag beginnt und beendet, sowie der Pausen bzw. der nicht in die Arbeitszeit fallenden Zeiten enthalten, sind »personenbezogene Daten« im Sinne der Europäischen Datenschutz-Richtlinie.
EuGH 30.05.2013 – C 342/12
Sorgfältig
Wer Stundenzettel führen muss, belegt mit der Unterschrift zugleich Ansprüche. Dabei sind strittige Zeitanteile deutlich zu markieren, etwa mit einem Fragezeichen. Unbeabsichtigte Ungenauigkeiten (Schlampereien) bei der Aufzeichnung von Arbeitszeiten können dem Arbeitgeber schaden. Deshalb kann der zunächst abmahnen, im Wiederholungsfall kündigen. Vorsätzliche Manipulation rechtfertigt sogar eine außerordentliche Kündigung.
BAG Urteil 09.06.2011 – 2 AZR 381/10