Pro/Contra

Arbeitszeit verkürzen?

20.03.2020

PRO

Unsere Kolleg*innen in der Sozialwirtschaft Österreichs machen es vor: Sie streiken für eine Arbeitszeitverkürzung von 38 auf 35 Wochenstunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Die Stundenreduktion soll also nicht nur ohne Lohnverlust vonstattengehen, sie soll auch durch zusätzliche Einstellungen ausgeglichen werden, damit sich die Arbeit nicht weiter verdichtet. Natürlich behaupten die Arbeitgeber, das sei angesichts des Fachkräftemangels nicht machbar. Doch die Gewerkschaften drehen den Spieß um: Nur wenn sich die Bedingungen verbessern – und dazu gehört ein Freizeitausgleich für die gestiegenen Belastungen –, werden sich in Zukunft noch genug Menschen für diese so wichtigen Berufe finden. Zu lange schon gleichen die Beschäftigten den hausgemachten Mangel zulasten ihrer Gesundheit aus. Oder sie sehen sich dazu gezwungen, ihre Arbeitszeit auf eigene Kosten zu verkürzen. Schluss damit – auch in Deutschland!

 

CONTRA

Sicher: Eine generelle Verkürzung der Arbeitszeiten wäre gerecht. Schließlich steigt die Produktivität, leisten Beschäftigte in der gleichen Zeit immer mehr – auch im Gesundheits- und Sozialwesen. Doch ist dies der richtige Zeitpunkt? Schon jetzt können Stellen vielerorts nur mit Mühe besetzt werden. Was sollen die Einrichtungen tun, wenn sie schlicht niemanden finden, der die Arbeit machen will? Statt Arbeitszeitverkürzung sollte daher zunächst die finanzielle Aufwertung der Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen auf der Agenda stehen. Das und eine deutliche Ausweitung der Ausbildungskapazitäten können mittelfristig dafür sorgen, dass wieder genug Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Wichtiger als eine Verkürzung der Arbeitszeiten ist die Forderung nach mehr Arbeitszeitsouveränität: Wenn die Beschäftigten Arbeit, Familie und Privatleben besser unter einen Hut kriegen, wird auch das die Berufe attraktiver machen.

 

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