»Die für die Altenpflege beschlossene Prämie ist eine gute und sinnvolle Geste. Viele Kolleginnen und Kollegen sagen: Endlich werden wir auch wahrgenommen. Besonders die Einbeziehung von Hauswirtschaft, Reinigung, Wäscherei, Verwaltung und aller anderen Beschäftigtengruppen ist dabei ein starkes Signal. Denn es geht nicht nur um Pflegekräfte. Eine gute Versorgung gibt es nur, wenn die unterschiedlichen Professionen Hand in Hand im Team zusammenarbeiten. Und noch was ist mir wichtig: Auch jenseits der Altenpflege hätten viele Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen und darüber hinaus eine Prämie verdient.
Für die Altenpflege sind bis zu 1.500 Euro angesichts der zum Teil sehr niedrigen Löhne nicht wenig. Fest steht jedoch auch: Die grundlegenden Probleme werden damit nicht gelöst. Wir streiten weiter für eine flächendeckende tarifliche Bezahlung, für bessere Arbeitsbedingungen und bedarfsgerechte Personalvorgaben. Und für eine Weiterentwicklung der Finanzierung in der Pflege. Auch in dieser Hinsicht ist die Prämie ein positives Beispiel: Die Pflegekassen und die meisten Bundesländer werden sie bezahlen – nicht die pflegebedürftigen Menschen oder ihre Angehörigen.«
Johannes Hermann ist Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei der AWO Sachsen Soziale Dienste gGmbH und Mitglied der bundesweiten ver.di- Tarifkommission für die Altenpflege.
»›Pflegekräfte bekommen jetzt vom Staat zusätzlich 1.000 Euro. Einmalig! Wow! Das ist einerseits wenig, andererseits aber ’ne Stange Geld, nur um jemanden zu demütigen.‹ So bringt der Kabarettist Torsten Sträter es zugespitzt auf den Punkt.
Einmalzahlungen in der Corona-Pandemie sind schön und gut. Ich fürchte aber, dass sie vor allem der Gewissensberuhigung dienen. Nach dem Motto: Jetzt haben wir etwas gemacht – das war’s. Die wirklich drängenden Themen, wie bessere Arbeitsbedingungen und eine dauerhaft angemessene Bezahlung, werden von Politik und Arbeitgebern dann weiterhin nicht angepackt. Dabei ist genau das nötig. Wir brauchen eine gesetzliche Personalbemessung – keine unzureichenden Pflegepersonaluntergrenzen. Und zwar für alle Beschäftigtengruppen. Denn gerade sieht man, welche Folgen es hat, wenn zum Beispiel in der Reinigung und in den Laboren zu wenige Kolleg*innen sind.
Die Streiks für Entlastung haben gezeigt: Die enorme Arbeitsbelastung ist das zentrale Thema. Hier dürfen wir nicht lockerlassen. Die Forderung nach einem Bonus während der Pandemie lenkt davon nur ab. Einmalzahlungen werden die ehemaligen Kolleg*innen nicht in den Beruf zurückbringen. Das geht nur mit besseren Arbeitsbedingungen.«
Petra Bäumler-Schlackmann ist stellvertretende Personalratsvorsitzende und ver.di-Vertrauensfrau am Universitätsklinikum Essen.