Uniklinik Homburg: 1.425 zusätzliche freie Tage wegen Arbeit mit zu wenig Personal
Mehr Freizeit ist schön, so kann man sich wenigstens etwas von der stressigen Arbeit erholen«, sagt die Krankenpflegerin Sabine Stein, die auf einer onkologischen Stationder Homburger Uniklinik arbeitet. Sechs zusätzliche freie Tage konnte sie bislang nehmen – als Ausgleich dafür, dass sie immer wieder in personell unterbesetzten Schichten arbeiten muss. Am Uniklinikum des Saarlandes sind im ersten Halbjahr 2020 insgesamt 1.425 solcher Freischichten zusammengekommen.
Grundlage ist eine 2018 erkämpfte, zwischen ver.di und Klinikleitung geschlossene Vereinbarung, die erstmals konkrete Sollbesetzungen auf den Stationen festschreibt. Werden diese zwölf Mal unterschritten, gibt es im nächsten Dienstplan einen zusätzlichen freien Tag.
Die große Zahl der Entlastungsschichten zeigt einerseits: Die Überlastung besteht auch am Uniklinikum des Saarlandes weiter. Andererseits: Zumindest gibt es dafür jetzt einen Ausgleich. »Ziel ist es natürlich, dass wir genug Personal haben, so dass gute und gesunde Arbeit möglich ist«, betont die ver.di-Vertrauensleutesprecherin Sabine Stein. »Dennoch ist das ein großer Fortschritt – nicht nur, weil man mehr Zeit zur Erholung hat, sondern auch, weil damit ein wachsender Druck auf die Klinikleitung aufgebaut wird, mehr Personal einzustellen.« Denn für das Management wird es durch jede Entlastungsschicht schwieriger, die Dienste so zu besetzen, wie es mit der Gewerkschaft ver.di vereinbart ist. Das schafft auch einen ökonomischen Anreiz, mehr Personal zu gewinnen und das vorhandene zu halten.
Hinzu kommt ein weiterer Effekt, der in der Corona-Pandemie sichtbar wurde: Die von der Bundesregierung beschlossene Aussetzung der Pflegepersonaluntergrenzen zwischen März und Juli 2020 hatte am Homburger Uniklinikum keine Auswirkungen. »Wegen der Entlastungsvereinbarung konnte der Arbeitgeber die Besetzung trotzdem nicht absenken«, erklärt Sabine Stein.
Daniel Behruzi